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Kommentar von Hans r. Amrein

Tessin: Wenn das Wetter zum Erfolgsfaktor wird

Ich weilte vor wenigen Wochen wieder einmal im Tessin, der sogenannten „Sonnenstube der Schweiz“. Der Himmel: leicht bedeckt. Temperatur um die Mittagszeit: 15 Grad. Tessiner Hoteliers und Touristiker würden sagen: Es geht so, das Klima könnte besser sein…

Ich habe in Ascona mit Simon Spiller, General Manager im luxuriösen Hotel Eden Roc, ein Video-Gespräch geführt (vgl. Hotel Inside Talk). Dabei ging es auch um die meteorologische Lage im Tessin, das Thema Ganzjahreshotellerie und „Sonnenstuben-Image“. Seit Jahren spreche ich mit Hoteliers immer wieder über die Wetterabhängigkeit. Denn das Wetter beherrscht die Hotelszene und den Tourismus im Süden.

Spielt das Wetter im Süden verrückt, stornieren die Gäste kurzfristig ihre Reservationen. Wird das Wochenende in Ascona, Locarno oder Brissago regnerisch und trüb, läuft in den Reservationsbüros der Hotels gar nichts mehr. Die einzige Aktivität: Annullierungen aus der Deutschschweiz entgegennehmen.

Keine andere Tourismusregion der Schweiz scheint so wetterabhängig zu sein wie das Tessin. Warum die Deutschschweizer ins Tessin fahren? Ganz klar: das schöne Wetter. Man fährt eben in die «Sonnenstube der Schweiz». Und die liegt mehr oder weniger vor der Haustür – sofern man den Stau am Gotthard überwindet.

Aber eben: Ohne die Sonne läuft in der «Sonnenstube» (fast) nichts. Sie ist, so scheint es, das primäre Alleinstellungsmerkmal des Südkantons. Mediterranes Lebensgefühl, italienische Sprachkultur, Palmen, Polenta und Kamelien in Ehren, aber ohne Sonne sind solche Dinge für die Schönwettertouristen aus dem Norden mehr oder weniger wertlos.

Die Frage eines Hoteliers aus Ascona bringt es auf den Punkt: Wie werden wir im Tessin wetterunabhängiger? Oder anders gefragt: Was macht das Tessin – nebst seinem Sonnenstuben-Image – so einzigartig, unverwechselbar? Das Filmfestival von Locarno? Patent Ochsner auf der Piazza Grande im Juli? Das Ladies-Open auf dem Golfplatz von Losone? «Ascona Jazz» im Juni? Die Kastanien- und Risotto-Kultur im Verzascatal? Die Burgen von Bellinzona? Die exotischen Pflanzen auf den Brissago-Inseln? Der Seedamm von Melide? Das Hesse-Museum in Montagnola? Die architektonischen Werke von Mario Botta? Die besten Luxus-Sommerferienhotels der Schweiz? Der Billig-Luxus-Tempel «Foxtown» von Mendrisio? Die Weinbaukultur im Mendrisiotto? Die Schluchten und Wasserfälle im Valle Maggia?

Alle erwähnten Tessiner «Exklusivitäten» sind übrigens sonnen- oder wetterunabhängig. Sie sind die wahren Highlights des Südkantons. Deshalb, liebe Hoteliers und Touristiker im Tessin: Verkauft euren Gästen vermehrt Hesse, Foxtown, Burgen, Inseln, Rockkonzerte, Filme, Grotti, Kastanien und Merlot-Weine. Highlights, die keine andere Region in Europa zu bieten hat.

Quiz-Frage: Fahren oder fliegen Sie bloss wegen der Sonne nach Rom, Florenz, Wien, nach Mallorca, Ibiza oder Schottland? In diesem Sinne: Es lebe das neue (alte) Tessin! Graue Wolken und Dauerregen inklusive.

Und noch etwas: Das Hotel Eden Roc in Ascona ist das beste Beispiel, wenn es um Wetterunabhängigkeit im Tessin geht. Da bietet man dem Gast fast das ganze Jahr über zahlreiche Aktivitäten und Angebote, die mit Sonne, blauem Himmel und Außentemperaturen nichts zu tun haben. Beispiel: Die hervorragende Gastronomie – vom Sterne-Lokal über Grill, Fisch und Fleisch bin hin zu am Tisch zubereiteten Spaghetti (ein Paste-Erlebnis der besonderen Art). Hinzu kommt der exzellente Spa-Bereich, wo sich der Gast – auch bei Regen – wunderbar erholen kann. Das „Eden Roc“ ist das einzige Luxushaus in der Region Ascona, das im Winter offen ist. Laut Simon Spiller ist das zwar nicht das lukrativste Geschäft, aber es lohnt sich trotzdem (vgl. Video-Gespräch).

Mein Plädoyer an die Tessiner Hoteliers von Ascona, Locarno und Brissago: Verlängern Sie die Sommersaison! Versuchen Sie, den „milden“ Winter im Tessin zum Erlebnisfaktor zu machen. Verkaufen Sie sie „Sonnenstube der Schweiz“ auch im Dezember, Januar und Februar! Das „Tessin im Winter“ – nur zwei Stunden von Zürich entfernt und dank Gotthardbasistunnel nun bequem und rasch erreichbar – ist eine Möglichkeit, etwas wetterunabhängiger zu werden. Was, wenn der Sommer ins Wasser fällt? Dann folgt (vielleicht) der der schöne Herbst und der milde Winter…

Apropos Sommer: Die Saison hat soeben begonnen, die Buchungslage in der Hotellerie im Südkanton ist sehr gut bis hervorragend, auch wenn das „Corona-Niveau“ nicht mehr erreicht wird.

Ich wünsche allen Tessiner Hoteliers eine erfolgreiche Sommersaison 2023!

Hans R. Amrein
Publizist & Gesellschafter

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