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Kommentar von Hans r. Amrein

Wenn EHL-Studierende einzigartige Hotels schaffen…

Studierende an der EHL im Campus Passugg hatten im April und Mai die Aufgabe, einen Businessplan für ein derzeit austauschbares und nicht mehr zeitgemässes Drei-Sterne-Hotel in Parpan (Graubünden) zu kreieren. Keine leichte Aufgabe, denn der Businessplan musste alle Aspekte des Hotelbetriebes aufzeigen – von der Strategie über die Positionierung bis hin zum Marketing und den Finanzen. Der Businessplan musste professionell, realistisch und demzufolge auch umsetzbar sein.

Am vergangenen Mittwoch präsentierten die Studierenden (6. Semester) ihre Businesspläne. Die Prüfung bestand aus zwei Teilen: dem schriftlich verfassten Businessplan und der «mündlichen Präsentation» im Campus. Ich hatte einmal mehr die spannende Aufgabe, die Studierenden zu begleiten – als Coach und Dozent (Thema Positionierung). Mein Kerngebiet an der Schule ist ja «Strategie und Positionierung von Hospitality-Betrieben».

Die Studierenden waren in vier Gruppen aufgeteilt. Jede Gruppe befasste sich auf ihre Weise mit dem «Fallbeispiel». Jede Gruppe entwickelte Ideen unter dem Motto: Was machen wir mit dem Dreisterne-Haus in Parpan? Wie schaffen wir eine einzigartige, aber auch umsetzbare Strategie und Positionierung? Wie hebt sich das kleine Hotel in Parpan in Zukunft von seinen Mitbewerbern in der Umgebung (Lenzerheide) ab?

Am Mittwoch (17.5.) war also das Finale. Schlusspräsentation vor den Augen einer kritischen Jury, bestehend aus EHL-Experten in den Bereichen Finanzen, Marketing, Präsentation, Social Media und Hotelpraxis. Marketingexpertin und Dozentin Nicoletta Müller führte die Studierenden als Koordinatorin und Dozentin durch Coaching und Module.

Was also haben sich die jungen EHL-Studierenden und angehenden Hoteliers ausgedacht? Ich darf an dieser Stelle sagen: Alle vier Gruppen haben Positionierungsvorschläge präsentiert, die erfolgversprechend, realistisch und plausibel sind – und auch zum «Fallbeispiel» passen. Gruppe 01 entwickelte ein New Work-Hotel für Menschen, die Freizeit und Job im Alltag vermehrt kombinieren wollen. Nicht nur ein spannendes Thema, sondern einer der grossen Trends in der Hospitality. Gruppe 02 setzte auf ein Sharing-Konzept. Motto: Alles in der neuen Hotel-Community wird geteilt – auch das Zimmer. Was bereits in der Gastronomie weltweit umgesetzt wird, soll jetzt auch im Hotel möglich sein. Gruppe 03 kreierte ein Hotel, wo Menschen, die ohne ihr Smartphone kaum mehr leben können, eine digitale Auszeit nehmen. Stichwort «Digital Detox». Gruppe 04 setzte auf die Themen Retro und Vintage. «Zurück zu den Wurzeln», lautete ihr Motto. Der Hotelgast erlebt im Hotel die 60er- und 70er-Jahre, als Rock ‘n’ Roll, Elvis Presley, die ABBA und der «Toast Hawaii» die Gesellschaft prägten.

Alle vier Positionierungsvorschläge könnten im erwähnten Drei-Sterne-Hotel im Bündnerland ohne weiteres realisiert werden. Die EHL-Studierenden haben einen guten Job gemacht. Welche Gruppe die besten Noten erhalten hat, bleibt bis zur Diplomfeier ein Geheimnis…

Die Experten-Jury hatte die Aufgabe, nicht nur Strategie und Positionierung der vier Businesspläne zu beurteilen und zu benoten, sondern auch alle anderen Aspekte des Geschäftsmodells. Dabei waren die Finanzen von zentraler Bedeutung, denn ohne finanzielle Mittel und Ressourcen, ohne eine professionelle Finanz- und Budgetplanung ist der beste Businessplan nur ein Stück «Papier», bestehend aus Excel-Tabellen und schönen Visionen. Andererseits lässt sich kein Businessplan nur mit Zahlen, Fakten und Marketingmassnahmen realisieren. Strategie und Positionierung sind am Ende die erfolgversprechenden Faktoren. Das eigentliche Erfolgsprinzip.

Genau deshalb plädiere ich seit vielen Jahren für das, was man strategische und thematische Positionierung nennt. Glauben Sie mir: Etwa 60 Prozent der 4500 Hotelbetriebe in der Schweiz haben keine Strategie. Von Positionierung oder Einzigartigkeit keine Rede! Sie sind austauschbar und differenzieren sich kaum von ihren Mitbewerbern. Am Ende verkaufen sich solche 08.15-Hotels über den Preis, was für die meisten inhabergeführten KMU-Häuser früher oder später in den finanziellen Ruin führt.

Bevor ich jeweils im Frühjahrs- und Herbstsemester zu den EHL-Studierenden über Strategie und Positionierung spreche, fragen mich die jungen Leute: Warum ist es eigentlich so wichtig, dass ein Hotel eine gute und einzigartige Positionierung hat? In einem vierstündigen Seminar und Coaching versuche ich, den angehenden Hoteliers mit Fakten, Zahlen und konkreten Beispielen aufzuzeigen, warum im Grundsatz jedes Hotel über eine klare Positionierung verfügen sollte.

Zur Erinnerung und als Wiederholung meiner Thesen und Argumente, hier ein paar Gedanken dazu:

Es ist entscheidend, dass ein Hotel – egal ob Luxushaus oder Zwei-Sterne-Hotel – eine klare und einzigartige Positionierung hat, da dies dazu beiträgt, dass es sich von seinen Wettbewerbern abhebt (Differenzierung) und Gäste anzieht. Eine starke Positionierung führt dazu bei, dass ein Hotel als die beste Wahl für bestimmte Zielgruppen oder Bedürfnisse wahrgenommen wird.

Durch eine klare Positionierung kann ein Hotel auch seine Marketingbemühungen effektiver gestalten und gezielt auf seine Zielgruppen ausrichten. Dies führt dazu, dass das Hotel bessere Ergebnisse erzielt, mehr Umsatz und Gewinn generiert.

Eine einzigartige Positionierung führt in der Regel auch dazu, dass ein Hotel seine Preise und Margen besser kontrollieren kann. Wenn das Hotel eine Nische besetzt und/oder eine einzigartige Erfahrung bietet, sind Gäste bereit, mehr zu zahlen, um diese Erfahrung zu erleben. Die Preissensibilität beim Gast nimmt um bis zu 40 Prozent ab (Studie Kohl & Partner, 2018). Der Gast ist also bereit, für seinen Hotelaufenthalt mehr zu zahlen, denn er will – aufgrund der klaren Positionierung – genau dieses Hotel mit dem einzigartigen und nicht austauschbaren Angebot.

Und noch etwas: Eine starke Positionierung trägt auch dazu bei, dass ein Hotel eine langfristige Beziehung zu seinen Gästen aufbaut. Wenn Gäste eine unvergessliche, einzigartige Erfahrung machen, werden sie wieder in «ihrem Hotel» absteigen – und «ihr Hotel» weiterempfehlen. Eine klare Positionierung kann also auch zur Markentreue beitragen.

Klar positionierte Hotels haben auch weniger oder gar keine Mühe, geeignete und qualifizierte Mitarbeitende zu finden. Welcher Rezeptionist oder Koch arbeitet schon gerne in einem austauschbaren 08.15-Hotel, das sich vor allem über den Preis verkauft? Vor allem junge Leute wollen bei der Arbeit Spass haben! Sie wollen etwas erleben im Job – und nicht nur «Dienst nach Vorschrift» machen.

Mal ganz ehrlich: Macht es Spass, in einem Hotel zu arbeiten, das nur Zimmer mit oder ohne Frühstück, eine Minibar und vielleicht noch eine Tiefgarage anbietet?

Fazit: Alles in allem ist eine gute und einzigartige Positionierung für ein Hotel von entscheidender Bedeutung, um in einem wettbewerbsintensiven Markt erfolgreich zu sein und langfristig rentabel zu bleiben. Strategie und Positionierung sind am Ende auch eine Überlebensfrage.

Hans R. Amrein
Publizist & Gesellschafter

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