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Architektur & Design

Wie sieht die Hotellobby der Zukunft aus?

Die Hotellobby ist ein sozialer Ort, an dem fremde Menschen aufeinandertreffen, um ganz verschiedenen Aktivitäten nachzugehen – unabhängig von Sterne-Kategorien oder räumlichen Voraussetzungen, sagt die Autorin Claudia S. Hoff und fragt: Wie sieht die Hotellobby 2.0 aus?

Das Hotel ist eine gestalterische Spielwiese für Architekten und Designer. Vor allem deshalb, weil die Renovierungs- und Umgestaltungszyklen hier viel kürzer sind als in privaten Räumen. Im Hotel, das wie kein anderer Ort im stetigen Wandel ist, lässt sich vieles ausprobieren: technische Raffinessen ebenso wie visuelle Komponenten, wozu vor allem Möbel, Leuchten, Materialien und Farben zählen.

Das Hotel als Impulsgeber

Das Interior-Design von Hotels und Privaträumen ist eng miteinander verwoben. Zum einen statten Hersteller von Möbeln und Leuchten wie B&B Italia, Vitra und Lasvit zunehmend Hotels aus, arbeiten aber gleichzeitig für den privaten Bereich, während Designer wie Philippe Starck, Antonio Citterio oder Piero Lissoni längst in beiden Welten zuhause sind. Und der Gast lässt sich bei seinen Reisen inspirieren von Dingen, die er im Hotel sehen und risikolos ausprobieren kann. So überrascht es nicht, dass gestalterische Ideen aus dem Hotel in den privaten Bereich überschwappen und falls notwendig, modifiziert werden. Jetzt wandert beispielsweise nun auch zuhause das Badezimmer in den Schlafraum, werden die Betten höher und verstärkt Tapeten als Dekorationselement eingesetzt – ganz wie es zuerst in designaffinen Luxushotels zu sehen war.

Zweites Wohnzimmer

Die Lobby hat eine besonders grosse Geschichte der Transformation hinter sich. War sie früher – man denke an die legendären Grand Hotels aus der Jahrhundertwende – vor allem ein Ort des Glamours, des Sein und des Scheins, geht es dort heute privater und vor allem behaglicher zu. Überspitzt könnte man sagen: Das Wohnzimmer ist im Hotel angekommen, auch weil die Gäste weniger Zeit in ihren Zimmern verbringen. Und deshalb soll eine Lobby vor allem cosy sein, Hotelgäste und Anwohner gleichermassen anziehen, kurz: ein Ort der Interaktion. Doch auch wenn das Private Einzug hält, ist die Lobby weiterhin die Visitenkarte eines Hotels. Nur wird sie jetzt zum Ort mit hoher Aufenthaltsqualität und zuweilen emotional aufgeladen. „Daher kommt diesem Raum bei der Gestaltung eine besondere Bedeutung zu – sie spiegelt den jeweiligen gesellschaftlichen Zeitgeist“, sagt der deutsche Designer Andreas Neudahm, der für Kunden wie die Leonardo Hotels arbeitet.

Überspitze könnte man sagen: Das Wohnzimmer ist im Hotel angekommen, auch weil die Gäste weniger Zeit in ihren Zimmern verbringen.“

Claudia S. Hoff

Hybrid: die Open Lobby

War die Lobby bis vor rund zwanzig Jahren noch als reiner Empfangsraum mit nur wenigen Sitzmöglichkeiten konzipiert und wurde deshalb oft als spröder, zweckgebundener Durchgangsbereich wahrgenommen, hat sich die gestalterische Herangehensweise grundlegend verändert. Das spiegelt sich vor allem in der Idee der „Open Lobby“ – ein Hybrid aus verschiedenen Raumfunktionen. „Mittlerweile setzen fast alle Hotelgruppen auf dieses Konzept, bei dem einzelne Zonen mit fliessenden Übergängen geschaffen werden. In den Chambres Séparées sollte man sich geborgen und wohlfühlen, als halte man sich in einem geschlossenen Raum auf, als befände man sich in einer Art Versteck. Gleichzeitig geniesst man dort die Stimmung, das leise Stimmengewirr der anderen Gäste, die allgemeinen Eindrücke“, so Neudahm. 

Die Lobby verändert sich…

Eine gestalterische Herausforderung sind dabei die verschiedenen Funktionen, die eine Lobby heute erfüllen muss: In grösseren Hotels ist sie Check-in, Wartebereich, Lounge und zuweilen auch Bar, Restaurant und Arbeitsplatz für (externe) Gäste. „Die Lobby verändert sich, weil sich die Hotelgäste verändern“, sagt Juliane Voss von der NH Hotel Group und ergänzt: „Die Grenze zwischen Business und Leisure verschwindet. Business-Leisure-Traveller möchten nach dem Meeting noch einen Drink an der Hotelbar nehmen oder in Ruhe die E-Mails abarbeiten.“ Die NH Hotel Group hat deshalb mit „Lobbies Alive“ ein Konzept entwickelt und im NH Düsseldorf-City als Pilothotel eingeführt, das die Lobby zum zwanglosen Treffpunkt macht: mit Kamin (Fireplace), Zonen zum Arbeiten (Sandbox) sowie einem gastronomischen Bereich (F&B). 

Dass nun alle Funktionsbereiche in einem einzigen Raum untergebracht sind, hat jedoch nicht nur ästhetische Gründe, sondern auch damit zu tun, dass die Hotelmitarbeiter deshalb zunehmend mehr Aufgaben übernehmen müssen und so besser den Überblick behalten können.

Geschichtenerzähler

Wie also sieht die Lobby 2.0 aus? Nun, es gibt so viele gestalterische Lösungen wie es Hotels gibt. Doch eines steht fest: Gleich gestaltete Interiors, die vergessen lassen, wo man sich befindet, gibt es immer weniger. Nun steht der Ort, an dem sich ein Hotel befindet, im Fokus, wobei gute Gestaltung Identität und Originalität verstärken kann. In der Lobby spürt der Gast die Atmosphäre eines Hauses. Claudio Carbone, u.a. Designer im Grand Resort Bad Ragaz, spricht von „Geschichten, die sich um den Ort oder das Haus ranken, die unsere Inspiration beflügeln, das Design formen und den Gast unterschwellig bereits hier den «roten Faden» des Designs erkennen lassen.“ 

Beispiel Quellenhof Bad Ragaz

Wie das funktioniert, zeigt der Schweizer Designer im Quellenhof im Grand Resort Bad Radaz, der nach aufwendiger Millionen-Sanierung im Sommer 2019 wiedereröffnet wurde: In der grosszügigen Lobby stehen monumentale Counter aus Rheinquarzit mit eingelegten Wellenmustern, wobei ein kaskadenartiger Kronleuchter aus Tausenden Glaskugeln an einen Wasserfall erinnert. Beide raumprägenden Objekte, die von Carbone entworfen und massgefertigt wurden, sind eine Reminiszenz an Bad Ragaz mit seiner Thermalquelle.

Auch die Lobby im Hotel The Retreat at Blue Lagoon in Island spiegelt die Umgebung: Von den eleganten Sitzlandschaften bieten sich spektakuläre Ausblicke auf das Wasser und die vulkanischen Gesteinsschichten der Blauen Lagune. Dabei nimmt sich das in natürlichen Farbtönen gehaltene Interior zurück und fokussiert auf das Hotelhighlight, die Landschaft vor dem Fenster.

Die Hotellobby ist ein sozialer Ort, an dem fremde Menschen aufeinandertreffen, um ganz verschiedenen Aktivitäten nachzugehen – unabhängig von Sterne-Kategorien oder räumlichen Voraussetzungen. Sie ist ein Ort zwischen Aussen und Innen, Privat und Öffentlich. Fliessende Raumgrenzen und dennoch klar definierte Funktionsbereiche sorgen dafür, dass man nirgendwo so leicht von einer Welt in die andere wandern kann. 

Quelle, Copyright und Text: Claudia S. Hoff, freie Autorin. Erstveröffentlichung: AHGZ Hoteldesign.

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