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Kommentar von Hans r. Amrein

Ostern im Tessin – und es regnet in der „Sonnenstube“ der Schweiz…

Ich weile über die Ostertage im Tessin (Lugano), der sogenannten „Sonnenstube der Schweiz“. Grund: Ich besuche in diesen Tagen einige Hotels in der Stadt und Region Lugano. Ich bin nicht der einzige Deutschschweizer, der aktuell im Tessin weilt. Der Südkanton hat schon seit Jahrzehnten so etwas wie eine Magnetwirkung auf die „Sonnenpilger“ aus dem Norden. Vor allem über die Ostertage. Der Karfreitagsstau vor dem Gotthard-Nordportal ist der zuverlässige Beweis dafür.

Wer durch den Gotthard in Richtung Süden fährt, geht davon aus, dass nach Airolo oder spätestens in Bellinzona die Sonne scheint. Temperatur Ende März: mindestens 18 bis 20 Grad. Der Himmel: blau – oder leicht bewölkt. So ist unser nördliches Denken seit Generationen programmiert, wenn das Stichwort Tessin fällt. Die Formel lautet: Tessin = Sonnenstube der Schweiz. Wehe, wenn die Sonne mal nicht scheint! Dauerregen und graue Wolken über dem Lago Maggiore? An Ostern? Undenkbar.

Es ist der 30. März 2024, Ostersamstag. Und siehe da: Dauerregen in Lugano, graue Wolken und Nebel über dem San Salvatore. Temperatur: 10 Grad. Die Buchungslage in den Hotels: unbefriedigend. Die Auslastung liegt bei 40 bis 50 Prozent. Und das an Ostern!
Es ist seit Jahren eine Tatsache: Das Wetter beherrscht die Hotelszene und den Tourismus im Süden.

Spielt das Wetter im Süden verrückt, stornieren die Gäste kurzfristig ihre Reservationen. Wird das Wochenende in Ascona, Locarno oder Lugano regnerisch und trüb, läuft in den Reservationsbüros der Hotels gar nichts mehr. Die einzige Aktivität: Annullierungen aus der Deutschschweiz entgegennehmen. So war es auch in den Tagen vor Ostern 2024. „Es regnete Stornierungen, nicht nur Regenwasser“, so ein Hotelier aus Ascona.

Keine andere Tourismusregion der Schweiz scheint so wetterabhängig zu sein wie das Tessin. Warum die Deutschschweizer ins Tessin fahren? Ganz klar: das schöne Wetter, das milde Klima und das mediterrane Lebensgefühl. Man fährt eben in die «Sonnenstube der Schweiz». Und die liegt mehr oder weniger vor der Haustür – sofern man den Stau am Gotthard überwindet.

Aber eben: Ohne Sonnenschein läuft in der «Sonnenstube» (fast) nichts. Sie ist, so scheint es, das primäre Alleinstellungsmerkmal des Südkantons.

Mediterranes Lebensgefühl, italienische Sprachkultur, Palmen, Polenta, Merlot und Kamelien in Ehren, aber ohne Sonne sind solche Dinge für die Schönwettertouristen aus dem Norden mehr oder weniger wertlos.

Die Frage eines Hoteliers aus Lugano bringt es auf den Punkt: Wie werden wir im Tessin wetterunabhängiger? Oder anders gefragt: Was macht das Tessin – nebst seinem Sonnenstuben-Image – so einzigartig, unverwechselbar? Das Filmfestival von Locarno? Patent Ochsner auf der Piazza Grande im Juli? Das Ladies-Open auf dem Golfplatz von Losone? «Ascona Jazz» im Juni? Die Kastanien- und Risotto-Kultur im Verzascatal? Die Burgen von Bellinzona? Die exotischen Pflanzen auf den Brissago-Inseln? Der Seedamm von Melide? Das Hesse-Museum in Montagnola? Die architektonischen Werke von Mario Botta? Die Luxus-Sommerferienhotels am oder über dem Lago? Der Billig-Luxus-Tempel «Foxtown» von Mendrisio? Die Weinbaukultur im Mendrisiotto? Die Schluchten und Wasserfälle im Valle Maggia?

Alle erwähnten Tessiner Exklusivitäten sind mehr oder weniger sonnen- oder wetterunabhängig. Sie sind die wahren Highlights des Südkantons. Deshalb, liebe Hoteliers und Touristiker im Tessin: Verkauft euren Gästen vermehrt Hesse, Foxtown, Burgen, Inseln, Rockkonzerte, Filme, Grotti, Kastanien und Merlot-Weine. Highlights, die keine andere Region in Europa zu bieten hat.

Quiz-Frage: Fahren oder fliegen Sie bloß wegen der Sonne nach Rom, Florenz, Wien, nach Mallorca, Ibiza oder Schottland? In diesem Sinne: Es lebe das neue (alte) Tessin! Graue Wolken und Dauerregen an Ostern inklusive.

Mein Plädoyer an die Tessiner Touristiker und Hoteliers: Verlängern Sie die Sommersaison! Versuchen Sie, den „milden“ Winter im Tessin zum Erlebnisfaktor zu machen. Verkaufen Sie die „Sonnenstube der Schweiz“ auch im Dezember, Januar und Februar! Das „Tessin im Winter“ – nur zwei Stunden von Zürich entfernt und dank Gotthardbasistunnel nun bequem und rasch erreichbar – ist eine Möglichkeit, etwas wetterunabhängiger zu werden. Was, wenn Ostern oder gar der Sommer ins Wasser fällt? Dann folgt (vielleicht) der schöne Herbst und der milde Winter…

Ich wünsche allen Tessiner Hoteliers eine erfolgreiche Sommersaison 2024!

Hans R. Amrein
Publizist & Gesellschafter

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