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Wie sauber sind unsere Hotelbetten wirklich?

Jens Rosenbaum ist Experte für Schlafkomfort und Hygiene im Betten-Bereich. Im Auftrag von Hotel Inside hat er eine umfassende Hotel-Betten-Studie realisiert. Um es gleich vorwegzunehmen: Rund 50 Prozent der Hotels – auch in der Schweiz – leisten gute Arbeit, wenn es um die Betthygiene geht. Doch was ist mit den andern 50 Prozent?

Im Rahmen der 2018 begonnenen und nur durch Corona unterbrochenen Studie über den Zustand von Hotel-Betten wurde nun die Zahl von 100 getesteten Hotels überschritten. Bereits 2019 wurden erste Ergebnisse der bis dahin untersuchten Betten vorgestellt. Die seinerzeit noch geringe Datenmenge (n=32) erlaubte zu diesem frühen Zeitpunkt lediglich eine vorsichtige Tendenzaussage, bot aber schon Anhaltspunkte dafür, wo Schwachstellen liegen könnten – und warum.

Für die nun deutlich erweiterte Datenmenge (n=100) wurden in 40 Städten in Deutschland und der Schweiz Hotels über alle Kategorien hinweg, inklusive eines Schlafwagens auf der Fahrt von Hamburg nach Zürich, unter die Lupe genommen. Vom einfachen Landhotel mit einer Zimmerrate von 65 Euro, inklusive Frühstück, bis hin zum Luxushotel für 642 Euro für eine Übernachtung. Erfasst wurden pro Hotel-Bett bis zu 40 einzelne Daten, unter anderem über Ausstattung, Schlafkomfort und auch Nachhaltigkeit. Die Erhebung der Hygienewerte erfolgte auf Basis der bereits vorgestellten methodischen Grundlagen. Zur Verfizierung von Messmethode und Vorgehensweise wurden zudem einzelne Tests in Zeitabständen von mehreren Monaten wiederholt. Auch wurden Ergebnisse innerhalb von Hotel-Gruppen beziehungsweise Ketten gezielt miteinander verglichen.

Auf Basis dieser Untersuchungsergebnisse wurden in der deutschen Fachzeitschrift Cost & Logis sowie in der ehemaligen Fachzeitschrift «Hotelier» in der Schweiz einzelne Hotels und ihre Testergebnisse vorgestellt. Ebenso konnten im Jahr 2020 und 2021 erste Hotels mit einem Award für überragende Leistungen beim Hotel-Bett ausgezeichnet werden, welcher in den Kategorien Clean (Sauberkeit), Smart (individueller Schlafkomfort) und Green (Nachhaltigkeit) verliehen wird. Denn Ziel dieser Studie ist es, die Themen Schlaf und Hotel-Bett stärker im Wahrnehmungsraum der Hotellerie zu verankern und aufzuzeigen, welches Potenzial sich damit verbindet, aber auch welche Risiken. Potentzal, welche die meisten Hotels links liegen lassen und Risiken, die oft aus Unwissenheit unnötigerweise eingegangen werden.

Die erste Frage, die sich bei der Fortsetzung einer Studie mit erhobenen Daten stellt, ist jene, ob es durch die vergrößerte Datenmenge zu einem anderen Ergebnis kommt und ob eine mögliche Veränderung auch aus den Ereignissen im Zeitablauf resultiert. Bei den ermittelten Durchschnittswerten, betreffend der Hygiene (gemessen in koloniebildende Einheiten, KbE), gab es zwar zum Teil deutliche Veränderungen. So erhöhte sich zum Beispiel der Durchschnittswert bei der Bettwäsche fast um den Faktor 2, während sich die Werte für die Encasings/Schutzbezüge bei Kissen um knapp 40% verbesserten.  Doch sonst bewegten sich die Daten auf vergleichbarem Niveau und in der Summe der Kernelemente gab es keinen signifikanten Unterschied beim Hygienedurchschnitt.

Die Corona-Krise hat für einen Hygieneschub auch beim Bett gesorgt

Deutliche Veränderungen gab es jedoch in der Verteilung der Hotels nach Hygieneklassen. Und dies kann als Folge des gesteigerten Hygienebewusstseins interpretiert werden, welches sich durch die Hygienemaßnahmen während der Pandemie entwickelt hat. Während es in den Auswertungen 2019 lediglich 38% der Hotels geschafft hatten, besser als der Durchschnitt zu sein (Hygieneklassen 1 und 2), sind es nun markante 51%. Dafür ist die mittlere Hygieneklasse 3 von 43% im Jahr 2019 auf nun 29% geschrumpft, während die letzten beiden Hygieneklassen 4 und 5 stabil um die 20% liegen, jedoch auch hier mit einer deutlichen Verschiebung zugunsten der Hygieneklasse 4. Aber auch bei dieser positiven Entwicklung bleibt es bei der nüchternen Erkenntnis, dass lediglich 50% der Hotels einen guten Job machen – und 50% einen besseren machen könnten. Da es aber keine verbindlichen Vorgaben im Sinne von Hygienerichtlinien gibt, was beklagenswert ist, kann bei diesen 50% nur auf die Einsicht gehofft werden, ihrer Verantwortung gegenüber den Gästen auch beim Hotel-Bett irgendwann einmal gerecht zu werden. Denn wenn es sauberer geht, warum es dann schmutziger lassen?

Mit Sternen ist es sauberer

Die Zahl der Sterne im Rahmen einer Hotel-Klassifizierung sagen, auch ein Fazit der Studie, grundsätzlich nichts über die Hygiene aus. So sind bei den saubersten wie den schmutzigsten auch jeweils Vertreter der Fünf-Sterne-Superior-Kategorie. Aber die Tatsache einer Klassifizierung hat offenkundig eine positive Relevanz auf den Grad der Hygiene. So stehen 24 der 25 saubersten Hotel-Betten in klassifizierten Hotels, wohingegen das untere Ende der Skala von nicht klassifizierten Hotels dominiert wird, wenn auch knapp. Aber die Tatsache, sich einer umfangreichen wie anspruchsvollen Klassifizierung zu stellen, die das Thema Bett-Hygiene im Kriterienkatalog zumindest berücksichtigt, wenn auch noch steigerungsfähig, was im Sinne der Gäste durchaus wünschenswert wäre, führt im Durchschnitt zu deutlich besseren Ergebnissen.

Matratzenschutz weiterhin Hygiene-Schlußlicht

Unverändert die Sorgenkinder im Hotel-Bett sind Matratze und Matratzenschutzbezüge (Encasings). Es bestätigt sich, dass Encasings die Matratzen nicht zuverlässig vor Verschmutzung schützen können und ein großes Hygieneproblem darstellen. Das hängt damit zusammen, dass der Einsatz der Encasings nach wie vor falsch verstanden und entsprechend falsch gehandhabt wird, zum Leid der Gäste. Das Encasing ist nicht dazu da, die Matratze vor dem Gast zu schützen, sondern den Gast vor dem vorherigen Gast. Daher wäre auch für das Encasing eine regelmäßige und noch häufigere Reinigung als bei der Matratze dringend geboten. Denn anders als eine Matratze kann das Encasing, in vielen Fällen nicht viel mehr als eine etwas bessere Plastikfolie, keinen Schmutz absorbieren. Ganz zu schweigen von den vielen negativen Effekten neben den Hygienerisiken, wie Verschlechterung des Schlafkomfort, Schwitzeffekt, Geräuschpegel und so weiter, gehört das Encasing aber ganz offensichtlich zur Standardausstattung, da 90% aller getesteten Betten mit einem solchen Matratzenschutz ausgestattet waren. Aber auch nur 23% aller Matratzen waren mit einem abnehmbaren Bezug ausgestattet, Grundvoraussetzung sowohl für eine richtige Reinigung der Matratze als auch Basis für mehr Nachhaltigkeit. Mit dem Encasing für Matratzen, so das Fazit, haben sich leider viele Hotels ihren Hygiene-Durchschnitt unnötig verdorben.

Weniger ist mehr

Den Hygienedurchschnitt im Bett kann man sich aber auch mit solchen Zutaten verderben, die rein der Optik dienen. Speziell Zierkissen und vor allem Tagesdecken, oft nur für den visuellen Gesamteffekt beschafft und ohne praktischen Nutzen für den Gast, sind selten leicht zu reinigen, wenn überhaupt, und hygienisch betrachtet oft ein Desaster. Gerade weil diese Heimtextilien nur Zierde sind, fallen sie oft genug im Hygienemanagement des Housekeeping durch das Raster. Da sie sich aber auf dem Bett befinden und man keinen Einfluß darauf hat, was die Gäste damit alles anstellen – und die machen alles Mögliche damit – werden diese bei der Hygieneauswertung logischerweise berücksichtigt. Wer darauf verzichtet und mit dem Grundsatz „weniger ist mehr“ leben kann, katapultiert sich damit gleich eine Hygieneklasse höher. Auch zusätzlich angebotene Kissen, die nicht zur Standardausstattung des Zimmers gehören, Stichwort Kissenmenü, weisen Hygienedefizite auf. Dies vor allem dann, wenn diese nicht waschbar sind. Gerade weil sich bei den Gästen das Kissenmenü aber einer immer größeren Beliebtheit erfreut, ließe sich dieses Hygienemanko leicht lösen, indem auf Waschbarkeit geachtet und auch eine regelmäßige Reinigung durchgeführt wird.

Zahnputzbecher bitte richtig herum

Im Laufe der Studie wurden weitere Objekte im Umfeld des Bettes mit einbezogen, um ein besseres Licht auf das Hygienemanagement insgesamt werfen zu können. So ist es beruhigend zu wissen, dass in der Regel vorhandene Zahnputzbecher oder -gläser meist sauberer sind als die Toilettenbrille. Aber auch hier gibt es Ausreißer, die selbst schmutzige Toilettenbrillen hinter sich lassen. Neben einem konsequent angewendeten Farbsystem sowie der dafür erforderlichen Anzahl an Putzlappen ließe sich die Hygiene auch dadurch signifikant steigern, den Becher ganz simpel mit der Öffnung nach unten abzustellen. Es ließe sich eine Öffnung nach oben auch verschließen, doch würde dies zum Beispiel den Einsatz eines Papp- oder Papierdeckels erfordern, worauf aus Gründen der Nachhaltigkeit verzichtet werden sollte.

Nüsse lieber mit links…

Auch die Fernbedienung, ohnehin schon immer etwas kritisch gesehen, erweist sich als Schmutzfalle. Nicht so schlimm wie befürchtet, aber schlimm genug, um hier auf Abhilfe zu dringen. Das wäre mit sauberen Lappen samt einer Portion Desinfektionsmittel einfach zu erreichen, wird aber von den wenigsten richtig ausgeführt. Gerade mal 15% der untersuchten Hotels führt hier eine korrekte Reinigung durch. Der Gast kann dem natürlich durch arbeitsteiligen Einsatz seiner Hände entgegenwirken, indem er festlegt, mit welcher Hand er Nüsse oder Chips aus der Minibar dem Mund zuführt und mit welcher er die Fernbedienung hält.

Beim Schlafkomfort noch viel Luft nach oben

Hygiene war jedoch nicht der einzige Aspekt bei der Studie, die nun weiter ausgewertet wird. Auch der Schlafkomfort wurde untersucht. Dabei zeigte sich, dass Box-Spring mit 70% Präsenz immer noch erste Wahl ist, zumindest optisch. Denn bei genauerem Hinsehen erwiesen sich etliche Box-Spring-Betten als simple, stoffbezogene Sperrholzkästen, ohne jeglichen Federungs- und damit Schlafkomfort. Da sind jene 7% der Hotels ehrlicher, die gleich die Matratze auf ein Brett legen und auf den Stoff darüber verzichten. Auch bei Kissen und Zudecken wird gerne gespart, bisweilen aber auch aus Unwissenheit. Denn bezogen auf die Kosten für eine Hotelzimmer sind die Investitionen für ein gutes Hotel-Bett und dessen Unterhalt gering, was Gäste aber sofort spüren und zu würdigen wissen.

FAZIT: Hotel-Betten werden sauberer – bleiben sie es aber auch?

Aus den gewonnenen Daten lässt sich ableiten, dass das Thema Hygiene sehr wohl stärker wahrgenommen wird, was aber auch am Corona-Effekt liegen kann. Somit stellt sich die Frage, ob das bei vielen Hotels verbesserte Hygieneniveau gehalten werden kann oder wieder einknickt, wenn der allgemeine Hygiene-Hype wieder nachlässt. Wichtigste Stellschraube neben den Bettwaren ist hier das Personal, denn ohne ist eine gute Pflege der Betten schlichtweg nicht möglich. Und genau das ist derzeit das größte Problem der Hotellerie, weshalb die Hoffnung, das Hotel-Bett stärker in den Fokus zu bringen, erstmal nur Hoffnung bleiben wird, denn das Personalproblem ist das dringlichere. Gleichwohl leisten viele Hotels bereits heute schon eine vorzügliche Arbeit. Unterstützung bietet hierbei der kostenlose www.hotel-betten-check.de, wo Hotels ihre Leistungen beim Hotel-Bett auf Stärken und Schwächen überprüfen und sich für einen Award in 2022 bewerben können.

Die drei Erfolgsfaktoren für Top-Ergebnisse

  1. Die Bedeutung des Bettes muss allen Beteiligten bewusst und danach das Handeln auch ausgerichtet sein, sowohl bei der Beschaffung als auch bei der Pflege.
  2. Die Bettausstattung sollte sich auf wesentliche, für den Gast nutzbringende Elemente beschränken, dafür aber von guter Qualität und leicht zu reinigen sein.
  3. Ein langjähriges eigenes sowie gut geschultes Housekeeping, ausgestattet mit der erforderlichen Zeit pro Zimmer sowie mit einer Reserve an Bettwaren (inklusive Matratze), um im Bedarfsfall handeln zu können, ist der Erfolgsfaktor schlechthin.
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