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Technologie & Infrastruktur

Wie kommt ein Möbel ins Zimmer?

Gäste betreten ein Hotel und bilden sich sofort, oft unbewusst, eine Meinung über einen Raum: Ist er klassisch, modern, elegant, formlos, gepflegt, ungepflegt? Die Gäste haben Erwartungen – auch, was die Zimmerausstattung betrifft. Nur einige Gäste stellen sich die Frage, aus welchen Einzelteilen das Interieur besteht, woher die Möbel kommen.

Die Entwicklung eines neuen Hotelprodukts oder die Aktualisierung eines bestehenden Produkts basiert auf einer Vielzahl von Faktoren, die auf strategischen und/oder finanziellen Entscheidungen der Eigentümer/Betreiber beruhen, um mit den Mitbewerbern und den Gästebedürfnissen Schritt zu halten. Die daraus resultierende Vision und das zugehörige Stimmungsbild bilden die Grundlage für die Auswahl der geeigneten Designer. Grundsätzlich lässt sich über ein Wettbewerbsverfahren, das Netzwerk oder einen Direktauftrag ein geeigneter Partner für die Innenarchitektur definieren.

Die Entwicklung des Deisgns

Nach erfolgreicher Fertigstellung des Projektkonzepts und dessen Freigabe beginnt der beauftragte Designer mit der Entwicklung des Designs und erweckt mit der Detaillierung von Raum, Farben, Materialien, Texturen und schliesslich mit den Möbelspezifikationen das Projekt zum Leben.

Im Rahmen der Entwicklung eines Interieurs sind nebst der Gestaltung per se die Schnittstellen zum Raum (also dem eigentlichen Bau) sowie zum Kleininventar (international OS&E – Operating Supplies & Equipments) und der Informatik (international IT / ICT-Information & Communication Technologies) sauber abzugrenzen und in entsprechenden Budgets vorzusehen.

Welcher Stuhl von welchem Hersteller?

Die Möbelspezifikationen ist auf mehreren hundert Seiten festgehalten und umfasst jeden Aspekt der Ausstattung:  Welcher Stuhl, von welchem Hersteller, mit welchem Stoff, in welcher Farbe; und auch an welchem Standort im Hotel die Platzierung erfolgen soll. In den meisten Fällen ist dies thematisch in unterschiedliche Pakete wie Möbel (Tische, Stühle, etc.), Stoffe (Vorhänge, Decken, Kissen, etc.), dekorative Leuchten (Wand- / Hänge- / Steh- / Leseleuchten, etc.), Auflageteppiche, Kunst (dekorative Spiegel, Bilder, etc.), gegliedert. Diese Möbelspezifikation bildet nach Freigabe die Grundlage für die Beschaffung der Ausstattung. Im internationalen Gebrauch wird die Ausstattung unter dem Begriff FF&E (Fixtures, Furnitures & Equipments) zusammengefasst.

Die Beschaffung – verschiedene Wege

Grundsätzlich kann die Möbelspezifikation eines Hotelprodukts verschiedene Beschaffungswege gehen:

  • Möbelhändler, die in Nähe zum Objekt und ggf. zum Kunden die gesamte Möbelspezifikation anbieten. Der Showroom ermöglicht gewisse Produkte/Marken zu zeigen und zu testen. Die Abwicklung erfolgt im üblichen Handelsmodus, d.h. der Händler verdient auf den Produkten und der Dienstleistung eine Handelsmarge.
  • Beschaffungsunternehmen sind spezialisiert auf den Objekteinkauf und begleiten bis zur fertiggestellten Einrichtung vor Ort. Sie verhandeln die Preise direkt mit der jeweiligen Marke/Vertreter / Agent/Hersteller und optimieren dadurch den Netto-Einkaufspreis der Produkte für den Käufer. Die Dienstleistung wird entschädigt. Als attraktiver Know-how-Träger, Spezialist und Treiber für Optimierungen sind Beschaffungsunternehmen attraktiver Partner für die Abwicklung.
  • General-Ausstatter, kalkulieren (a) offen oder (b) verdeckt: (a) transparente Nettopreise mit Margenzuschlag für die Abwicklung über einen Vertrag ausweisen oder (b) die Produkte als Verkaufspreis inkl. Handelsmarge verdeckt anbieten. Der Käufer weiss somit bei einer verdeckten Abwicklung (b) nicht, wie viel der General-Ausstatter am Projekt verdient, im Gegenzug zu einer offenen Abwicklung (a), wo die Marge transparent ausgewiesen wird. General-Ausstatter sind vom Prinzip her Möbelhändler ohne Showroom für den Objektbereich.
  • General-Unternehmen, die die Schirmherrschaft, Verantwortung und das Risiko des Gesamtgebäudes inkl. Ausstattung in Ihre Verträge übernehmen. Oft vergeben diese die Ausstattung als Paket einem Möbelhändler oder nehmen sich ein Beschaffungsunternehmen zur Seite, welches in Ihrem Interesse die Beschaffung sicherstellt.

Wichtig: Transparenz

Alle Wege führen (irgendwann) nach Rom, beziehungsweise ins Hotel. Für die Käufer ist am Ende der gewünschte Transparenzgrad, die Möglichkeit der Einflussnahme auf den Endpreis, sowie das Streben nach potenziellem Einsparungs- und Optimierungspotenzial für die Wahl des Beschaffungspartners entscheidend.

Möbelhändler sind meistens in den von Ihnen geführten Kollektionen unschlagbar, bei Marken/Herstellern die Ihnen gänzlich unbekannt sind jedoch bedingt erfahren. Beschaffungsunternehmen sind stets volatil und mit den unterschiedlichsten Marken/Vertretern/Agenten/Herstellern in Kontakt im Wissen um projektspezifische Abwicklungen oder Massanfertigungen nach Vorgaben der Innenarchitekten.

Internationaler Möbelmarkt ist fragmentiert

Interessanterweise sind Marken nicht zwingend Hersteller, und Hersteller verfügen nicht zwingend über eine Produktelinie. Der internationale Möbelmarkt ist fragmentiert und voller kleiner und grosser Spezialisten, die Teile oder ganze Linien herstellen. So zum Beispiel haben wir kürzlich herausgefunden, dass mehrere nordische Marken Ihre Produkte in einer Fabrik in Polen herstellen lassen, d.h. den Herstellungsprozess nicht selbst führen, sondern lediglich sicherstellen, dass das Produkt dem Standard der Marke entspricht. Umso spannender wird es, den Produktionswegen zu folgen und ggf. aus demselben Werk ein entsprechendes Alternativprodukt mit anderem Preis anbieten zu können.

Unsere Erfahrung mit Möblierungsprojekten zeigt, dass Budget- und Designvorgaben meist nur durch eine gezielte Suche nach Alternativprodukten zum Ersatz oder Optimierung einer Spezifikation der Innenarchitekten und einem starken Fokus auf die Entwicklung von Lösungen für die Umsetzung der Designvisionen erreichbar sind. Der Beschaffungsprozess – ungeachtet vom ausgewählten Beschaffungspartner – endet mit der Beauftragung eines Pakets bei einem Möbelhändler/direkt bei einer Marke – einem Hersteller/einem General-Ausstatter oder einem General-Unternehmer.

Die Realisierung des Projekts     

Für die Realisierung des Projekts sind noch unzählige Schritte notwendig: Massanfertigungen müssen geplant, bemustert und zur Serienproduktion freigegeben werden. Produkte ab Stange gehen sofort in den Produktionsprozess. Masse für Vorhänge müssen vor Ort aufgenommen und die Vorhänge in Produktion gegeben werden. Dies alles, damit das Hotelprodukt zu gegebener Zeit ausgestattet und dem Käufer geliefert werden kann.

Es ist eine Illusion zu glauben, dass die Waren in der Schweiz hergestellt werden. Meistens kommen über 80 Prozent der Ausstattungswaren aus dem Ausland und werden über tausende Kilometer in die Schweiz transportiert und importiert. Die Waren werden anlässlich der Zwischenlagerung nach Terminprogramm und Baufortschritt für die Lieferetappen gerüstet und zur Auslieferung vorbereitet.

Obschon die Ausstattung jeweils planmässig nach der Vollendung der Bauarbeiten erfolgt, zeigt die Realität – aufgrund von Verzögerung der Bauarbeiten – dass die Ausstattung meist parallel zu den Abschlussarbeiten erfolgt. Die Logistikpartner sind gefordert, die Ausstattungen zu vertragen, auszupacken, zu montieren, zu platzieren und das Verpackungsmaterial wieder aus dem Objekt abzuführen und zu entsorgen. Überdies muss das richtige Produkt mit der richtigen Farbe am richtigen Ort platziert sein – und dies ohne jegliche Schäden am Raum bzw. der Ware zu hinterlassen.

Fazit

Hotelprojekte in die Realität umzusetzen, bedeutet für die Ausstattung ein ganzes Stück Arbeit. Ein neues Hotelprodukt wie der Märthof in Basel verschlingt nicht weniger als 1800 Mannstunden, um die insgesamt 2200 Positionen (Möbel, Vorhänge, Teppich, etc.) zur Übergabe an den Kunden bereitzustellen. Dies entspricht rund 1:30 Stunden Arbeit pro Position, um sicherzustellen, dass das Produkt in der gewünschten Qualität und dem gesuchten Interieur den Gästen präsentiert werden kann.
Dieser Einblick in die Möbelstrasse zum Hotel ermöglicht es hoffentlich, auch aus Gästesicht einen etwas differenzierteren Blick auf das Interieur zu werfen.

Beispiel: Boutique-Hotel Märthof Basel

Das Vier-Sterne-Hotel Guarda Val in Lenzerheide ist ein einzigartiges Maiensäss-Hotel. Die 50 individuellen Unterkünfte verteilen sich auf 11 – bis zu 300 Jahre alte – Hütten und Ställe auf 1’600 Meter über Meer. „Das Hotel verbindet die Faszination gewachsener Bündner Alptradition mit luxuriösem Design und Lebensstil“, so die Hotelwerbung. Für Entspannung sorgt das Wellness-Angebot des Guarda Sana, inklusive Sauna-Blockhütte sowie Heuliegen und Ruhezonen mit Sicht ins Tal. Das Hotel gehört dem Financier, Milliardär und Unternehmer Fredy Gantner (Partners Group).

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