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Kommentar von Hans r. Amrein

Wir lieben Italien, aber warum sind viele Hotel-Mitarbeitende in Italien so unfreundlich?

Wir lieben Italien. Rom, Venedig, Florenz und die Renaissance, die Geschichte der Medici, die barocken Kirchen von Gian Lorenzo Bernini, Dante Alighieri und seine „Göttliche Komödie“, Giuseppe Verdi und seine Opernkunst in der Scala Milano, Leonardo da Vinci, das Universalgenie, Raffael, Michelangelo, Paganini, der „Teufelsgeiger“, Chianti und Barolo, die Hügel und Zypressen der Toskana, Pasta und Pizza Napoli, die Blumenküste Liguriens, Eros Ramazzotti und Laura Pausini. Bella Italia.

Und wie steht es um die Hotellerie im Sehnsuchtsland Italien?  Auch da: Es gibt wunderschöne, reizvolle und architektonisch einzigartige Häuser und Resorts zwischen Neapel und dem Lago Maggiore. Ich denke da, zum Beispiel, an das Four Seasons Hotel mitten in Florenz, ein ehemaliger Medici-Palast, 17. Jahrhundert, gelegen in einem 4000 Quadratmeter großen Park. Oder das Rosewood Castiglion del Bosco in der Toskana, ein Resort mit eigener Kapelle aus dem 13. Jahrhundert, mitten in einem Weinanbaugebiet in der Toskana gelegen. Traumhaft, kaum zu überbieten!

Ja, es gibt fantastische Hotels in Italien – die Liste der berühmten, legendären, charmanten und historisch wertvollen Häuser ist lang. Und sonst?

Ich weilte über Silvester und Neujahr in der Hafen- und Handelsstadt Genua. Eine großartige Stadt mit wunderschönen Kirchen und Palästen. Ich buchte ein Zimmer im Grand Hotel Bristol Palace. Das 5-Sterne-Haus liegt mitten im alten Zentrum, erbaut 1905. Hier verkehrte früher der italienische Adel, hinzu kamen viele Prominente aus Politik, Wirtschaft und Kultur. Das „Bristol“ gilt als das „führende Luxushaus“ in Genua. Ja, es wird sogar auf der Liste der „bedeutendsten historischen Hotels Italiens“ aufgeführt.

Ich freute mich echt, einmal mehr in einem alten, historischen Grand Hotel mit langer Geschichte abzusteigen. Kurz vor 14 Uhr. Das Taxi hält vor dem Haupteingang des Hotels. Wo ist der „Wagenmeister“, der in Luxushotels für die Ankunft und das Gepäck der Gäste zuständig ist? Wahrscheinlich hat er gerade Kaffeepause. Wir rollen den Koffer eigenhändig durch die Drehtür in die Hotelhalle. Auf der rechten Seite der Lobby mit den Marmorsäulen und dem antiken Mobiliar befindet sich das, was man „Front Office“ nennt, die Rezeption. Man steht dort „klassisch“ an der Theke und checkt ein.

Vor uns warten Gäste auf den Moment, bis sie den Zimmerschlüssel (sprich die Plastikkarte) erhalten. Sie warten schon seit fast 30 Minuten auf den Schlüssel, wie der aufgebrachte Gast betont. Der Rezeptionist hinter der Theke lässt sich dadurch nicht beirren, er beschäftigt sich seelenruhig mit dem aktuellen Check-in-Prozess – und lässt die genervten Gäste (mit Kindern) einfach warten…

Willkommensdrink? Eine kleine Erfrischung vielleicht? Ein herzliches „Willkommen, schön dass Sie unser Gast sind“? So in etwa erlebe ich in hervorragend geführten Hotels die ersten Minuten nach der Ankunft. Und im Grand Hotel Bristol Palace in Genua?

Kurz und gut: Vergessen Sie alles, was Sie an der Hotelfachschule oder während einer Servicelehre gelernt haben – nämlich das ABC eines professionellen Check-in-Prozesses. Ich bin perplex und erstaunt und frage mich: Wo bin ich da abgestiegen? In einem 2-Sterne-Kettenhotel am Flughafen vielleicht? Der Front Office-Mann verlangt Pass und Kreditkarte. Die Karte wird sofort belastet. Für den Rezeptionisten scheint dies der wichtigste Aspekt des Check-in-Prozesses zu sein. Informationen zum Hotel, zu möglichen Reservationen (Stichwort Restaurant), zu Internet und Frühstück? Nichts. Der Front Office-Mann scheint sich kaum für seine Gäste zu interessieren. Routiniert tippt er die Gästedaten in den PC ein und ist wahrscheinlich glücklich, wenn er den „Dienst“ irgendwann pünktlich beenden kann. Von Herzlichkeit, Engagement und Aufmerksamkeit keine Spur.

Ganz klar: Wir schleppen das Gepäck eigenhändig auf das Zimmer mit der Nummer 221 im zweiten Stock. Der Lift ist langsam, man befürchtet in jeder Sekunde, dass er steckenbleibt. Und das Zimmer? Ein eher kleines Doppelzimmer mit schlecht isolierten Fenstern. Immerhin: Der Schlafkomfort ist top, Bett, Matratze und Bettwäsche sind von sehr guter Qualität. Und sonst? Mineralwasser wird (kostenlos) in Kartonbehältern angeboten…

Das Hauptrestaurant im Hotel („Giotto“) ist an Silvester ausgebucht, also genießen wir das Silvestermenu im „Bistro“, wo wir zwei Tage vorher einen Tisch für 20.30 Uhr reserviert haben. Das „Bistro“ ist nichts anderes als die Hotelbar. Und was erwartet uns in dieser Bistro-Hotel-Bar? An der Bar und an den niedrigen Tischen sitzen Leute beim Aperitif. Es ist 20.25 Uhr. Wir fragen den diensthabenden Bar-Mann und Kellner, wann denn unser Tisch bereit sei… Die Antwort: „Ich weiß es nicht, denn noch sitzen hier Leute in der Bar – und es kommen immer mehr, was soll ich tun? Ich komme gar nicht dazu, die Tische aufzudecken. Setzen Sie sich bitte irgendwo an einen freien Tisch, ich komme dann später zu Ihnen, wenn ich etwas Zeit habe…“

Eine Stunde und zwanzig Minuten später deckt der Bar-Mann die ersten Tische auf. Es warten inzwischen neun Hotelgäste darauf, dass sie (endlich) einen Drink erhalten. Es ist Silvester, kurz nach 21 Uhr – und wir sitzen an einem Bar-Tisch ohne Getränk… Was tut der überforderte Kellner und Bar-Mann? Er trocknet hinter der Theke Weingläser, die er soeben dem Geschirrspüler entnommen hat. Die Gäste im „Bistro“, die schon lange auf ihren Aperitif warten, kümmern ihn nicht. Der Mann beschäftig sich mit Gläsern, Tellern, der Kasse oder irgendwelchen Papieren – nur nicht mit den Gästen.

Fazit: Der Silvesterabend ist – aus der Sicht eines 5-Sterne-Hotelgastes – eine Katastrophe. Nichts funktioniert. Man serviert uns den falschen Wein. Bis die richtige Flasche mit dem richtigen Jahrgang endlich auf dem Tisch steht, dauert es genau 21 Minuten, die Hauptspeise, ein Rindsfilet, ist zäh wie Leder und nicht essbar. Die Alternative: eine geschmacklose Lasagne, die in jedem Fast Food-Italiener besser schmeckt. Im Hintergrund läuft irgendein italienischer Pop-Sender mit Werbung – von Silvesterstimmung keine Spur. Die Aufmerksamkeit des Kellnerns beschränkt sich auf die Aktivität „Teller bringen und abräumen“, dazwischen versucht er, mit einer gewissen Komik die Gäste bei Laune zu halten…

Neujahr, ein Sonntag, kurz nach 19 Uhr. Wir möchten im Ristorante „Giotto“ essen – als Hotelgäste. „Ausgebucht“, lautet die schnöde Antwort der diensthabenden Kellnerin. Um 19.30 Uhr seien hier alle Tische besetzt, die ersten Gäste würden nächstens im Restaurant erscheinen, so die junge Frau. Eine knappe Stunde später will ich wissen: Ist das Lokal tatsächlich voll besetzt? Mitnichten! Mehr als die Hälfte der Tische sind frei… Ich frage die Frau: Wo können wir hier im Hause essen? Vielleicht im sogenannten „Bistro“ (sprich Bar)? Ja, klar, im Bistro können Sie essen, so die Antwort der Kellnerin. Wenige Minuten später stellt sich heraus: Das Bistro serviert an diesem Abend keine Speisen. Pech gehabt. Der komische Kellner, der schon am Silvesterabend Dienst hatte, meint: „Vielleicht finde ich noch eine Lasagne von gestern. Mögen Sie?“ Nein, wir mögen definitiv nicht.

Wir mobilisieren die diensthabende Rezeptionistin, die Frau mit dicker Hornbrille und Kurzhaarschnitt: Wo können wir hier essen? Hätten Sie uns vielleicht ein Lokal in der Nähe des Hotels? Die Frau schreibt den Namen eines Ristorantes auf einen kleinen Notizzettel, dazu die Adresse. Man kann das Gekritzel kaum lesen. Zehn Minuten später stehen wir im vorgeschlagenen Restaurant. Fazit: ausgebucht. Wir klappern ein Restaurant nach dem andern ab – nach knapp 30 Minuten haben wir Glück. Wir finden ein Lokal, wo hervorragende Pasta mit Pesto geboten wird.

In jedem einigermaßen „normalen“ Hotel dieser Welt hätte die Rezeptionistin bei der Frage nach einem externen Restaurant zum Telefon gegriffen und einen Tisch reserviert… Im „Palace“ in Genua überlässt man den Gast seinem Schicksal.

Check-out am Abreisetag. Wir schleppen das Gepäck (wie üblich) eigenhändig vom Zimmer auf der zweiten Etage in die Lobby – über einen Lift, der wahrscheinlich seit der Hoteleröffnung um 1905 hier im Einsatz ist. Nichts gegen historische Lifte! Kann ein einzigartiges Erlebnis sein.

Wir wollen auschecken. Der Front Office-Mann hinter der Theke nimmt uns nach gefühlten zwei Minuten zur Kenntnis. Die zwei Minuten sind kein Zufall. Der Rezeptionist ist stark beschäftigt – nicht mit Gästen, sondern mit Papieren, Formularen und dem PC… „due minuti“, sagt der Mann alle zwei Minuten…“due minuti“…

Nach weiteren „due minuti“ sind wir endlich an der Reihe. „War alles gut?“, fragt der leicht nervöse Mann. „Ja, ja, schon gut“, so unsere Antwort. Wir haben jetzt keine Lust auf kontroverse Diskussionen. Statt uns für die noch offenen Restaurantkosten eine Kontrollrechnung vorzulegen, will der gute Rezeptionist den Betrag sofort über die Kreditkarte abbuchen. Wir verlangen eine Kontrollrechnung. Sein Kommentar: „Sie möchten also zuerst die Rechnung anschauen – und erst dann bezahlen.“ Wo, um Gottes willen, hat dieser „Hotelfachmann“ seine Ausbildung absolviert? Irgendwo in einem Buschhotel in Nigeria? Wenn überhaupt.

Von Herzlichkeit, Engagement, Professionalität und Aufmerksamkeit keine Spur. Der Gast scheint hier eine lebende Zimmernummer zu sein, die ein- und auscheckt und in der Zwischenzeit schläft, isst und trinkt – sofern er sich im Hotel überhaupt ernähren kann. Lieber General Manager! Bitte investieren Sie so rasch wie möglich viel Geld in Roboter und künstliche Intelligenz! Lieber einen professionell und zuverlässig funktionierenden Roboter hinter der Rezeptionstheke, als unmotivierte, schlecht ausgebildete und alles andere als empathische Hotelbeamte, die hier bloß ihren Dienst absolvieren.

Dem Gast ein Erlebnis bieten, ihn überraschen, seine Erwartungen nicht nur erfüllen, sondern überbieten. Darum geht es im Gastgewerbe – vor allem in der Luxushotellerie. Das Grand Hotel Bristol Palace in Genua ist weit davon entfernt. Schade, denn das Haus hätte Potenzial – aufgrund seiner Geschichte, der einzigartigen Innenarchitektur und der Top-Lage im Zentrum der Stadt.

Nun, das „Bristol“ in Genua ist kein Einzelfall in Italien. Vor allem in der 3- und 4-Sterne-Hotellerie entdecke ich laufend Häuser, die in keiner Weise unseren Standards oder den Erwartungen des Gastes entsprechen – Sterne-Klassifizierung hin oder her. Und leider sieht es in vielen Gastronomiebetrieben ähnlich aus: unfreundliches „Personal“, industriell hergestellte Pizzen und Pasta aus der Tiefkühltruhe – von frischer Marktküche keine Spur. Natürlich kann man in Italien hervorragend essen! Natürlich ist die italienische Küche ein Erlebnis, sofern die Speisen frisch und mit Herzblut serviert werden. „Bella Italia“ gibt es – nur muss man wissen, wo sich die schöne Italienerin versteckt.

Hans R. Amrein
Publizist & Gesellschafter

PS: Was sagt eigentlich der Hotelmanager im Grand Hotel Bristol Palace zum hier publizierten Kommentar? Hier ein Auszug aus seiner Antwort:

„Zunächst einmal vielen Dank, dass Sie mir Ihren Kommentar geschickt haben. Ich habe den Text sehr aufmerksam gelesen… Es tut mir leid, dass Sie in unserem Hause auf Probleme gestoßen sind. Ich möchte mich dafür in aller Form entschuldigen.

Verstehen Sie meine Antwort bitte nicht als Rechtfertigung, sondern als Information. Ich muss Ihnen ja nicht sagen, dass wir uns in Bezug auf unsere Mitarbeitenden in einer Phase des Wandels befinden, da wir in den letzten Monaten eine große Fluktuation erlebt haben, die dazu geführt hat, dass einige Teile der Belegschaft nicht mehr arbeiten können. Andere sind noch in der Ausbildung. Wir haben versucht, die Schulung so weit wie möglich zu beschleunigen, indem wir unsere Mitarbeitenden auch, aber nicht nur, an Kursen in unseren anderen Hotels teilnehmen ließen. Diese Hotels haben alle 5 Sterne und sind Mitglieder der „The Leading Hotels of the World“. Natürlich ist das ein langer Prozess, Mitarbeitende richtig und nachhaltig zu schulen. Sie als Profi und Hotelexperte kennen ja die Probleme, die wir in der Branche haben. Es ist schwierig, geeignete und qualifizierte Hotelleute zu finden. Kommt hinzu, dass wir in diesen Wochen eine Grippe-Welle hatten. Viele Mitarbeitende sind erkrankt und dadurch ausgefallen. Wir hatten plötzlich fast keine Mitarbeitenden mehr! Andererseits war die Auslastung im Hotel hoch…

Es tut mir leid, dass Ihnen der Service an der Bar bzw. im Bistro nicht gefallen hat. Ihre kritischen Kommentare habe ich zur Kenntnis genommen…

Im September 2023 ist das Bristol Place ein 5-Sterne-Hotel geworden, vorher hatten wir 4 Sterne. Auch wenn wir uns schon seit langem in einem Transformationsprozess in Richtung 5-Sterne-Hotellerie befinden, ist mir klar, dass wir noch viele Dinge und Abläufe im Betrieb verfeinern und optimieren müssen. Dabei geht es auch um Details und Einzelheiten.

Dennoch bedaure ich Ihre Unannehmlichkeiten und werde mich persönlich dafür einsetzen, den Service zu verbessern. Ich werde auch dafür sorgen, dass Gästewünsche erfüllt und die Erwartungen der Kunden übertroffen werden.  

Ich hoffe, dass Sie uns in Zukunft noch einmal eine Chance geben. Es würde mich freuen, wenn wir Sie wieder empfangen dürften, so dass Sie dann unsere Dienstleistung verstehen und erleben können.

Giovanni Ferrando
General Manager
Grand Hotel Bristol Palace

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