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Kommentar von Hans r. Amrein

Was soll dieser ewige Kampf gegen Booking.com?

Beim Branchenverband HotellerieSuisse herrscht Freude und Genugtuung, denn der Preisüberwacher hat soeben verfügt, dass Booking.com seine Preise in der Schweiz senken muss. Die Kommissionssätze von Booking seien für Schweizer Hotels «missbräuchlich hoch», schreibt der Preisüberwacher. Nun soll der globale OTA-Riese seine Kommissionssätze gegenüber eidgenössischen Hotelbetrieben um knapp einen Viertel senken. Ziel dieser Massnahme sei die «Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von Schweizer Hotels in einem weltweit harten Konkurrenzkampf und gleichzeitig mittelbar die finanzielle Entlastung der Kundschaft», betont der Preisüberwacher. Booking akzeptiert den Entscheid nicht und hat bereits Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht.

Was ist gegen den Entscheid des Preisüberwachers einzuwenden? Grundsätzlich nichts. Wenn Hoteliers in Zürich, Davos oder Bern von besseren Konditionen profitieren und damit mehr Geld verdienen, ist das wunderbar. Und wenn es Hotels schaffen, von Booking.com und anderen OTAs unabhängiger zu werden, dann ist dies auch gut.

Die Verbandsexponenten von HotellerieSuisse sagen: «Diese Gebühren (von Booking, die Red.) haben nicht nur die Margen der Betriebe belastet, sondern auch ihre unternehmerische Autonomie eingeschränkt. Der Entscheid des Preisüberwachers ist eine klare Bestätigung der Kritik des Verbandes und ein bedeutender Erfolg für die Branche.“

Erfolg für die Branche? Man kann das so sehen, wenn sich die Debatte (oder Kontroverse) nur auf die erwähnten Kommissionen und Gebühren beschränkt. Der Verband geht jetzt noch weiter und fordert (rückwirkend) so etwas wie Schadenersatzansprüche von Booking.com. Ob man damit rechtlich durchkommt, ist eine andere Frage.

Mir gefällt diese ewige Kontroverse zwischen Booking.com und der Hotellerie nicht. Seit Jahren schon kämpfen Verbände und auch einzelne Hotelbetriebe gegen die OTAs. Klar, Booking kassiert Kommissionen, die hoch sind – vielleicht zu hoch, wie der Preisüberwacher sagt. Aber die Medaille hat stets zwei Seiten. Die eine ist der hier thematisierte Konflikt rund um Gebühren und Abgaben. Auf der anderen Seite sind die Vorteile, die Booking den Hotels bietet.

Ich verbringe mindestens die Hälfte meiner Lebenszeit in Hotels. Ich reise sehr oft – vor allem in der DACH-Region und im übrigen Europa. Ich buche Hotels und finanziere die Hotelaufenthalte größtenteils aus eigener Tasche. Ausnahme: Wenn ich aus rein beruflichen Gründen in Hotels absteige, weil ich dort arbeite, Gespräche führe, recherchiere, Informationen beschaffe, dann übernehmen die Hotels in der Regel, aber nicht immer, die Übernachtungsspesen. Handelt es sich aber um verdeckte Hoteltests, gehen die Kosten vollumfänglich auf die Rechnung von Hotel Inside, denn andernfalls wäre der Test nicht glaubwürdig.

Warum ich diesen Sachverhalt hier beschreibe, hat einen Grund, der direkt mit Booking.com zusammenhängt. Ja, ich gebe es offen zu: Ich buche meine Zimmer in Hotels fast ausschließlich über Booking.com. Vor allem im Ausland, in Italien, Frankreich, Deutschland, Spanien oder Österreich gibt es für mich fast nur noch einen Buchungskanal – und der heißt: Booking.com.

Und warum Booking? Ganz einfach: In den weitaus meisten „Buchungsfällen“ funktioniert das, was wir Direktvertrieb nennen, überhaupt nicht. Wie oft habe ich versucht, mein Zimmer direkt über die Webseite des jeweiligen Hotels in Berlin, Wien, Florenz oder Milano zu buchen – keine Chance. Zu viele Hotels betreiben eine Webseite, die wenig benutzerfreundlich und zu komplex ist. Man verbringt oft zehn oder mehr Minuten damit, irgendwelche Buchungsmasken auszufüllen, persönliche Daten und Angaben zur Kreditkarte zu hinterlegen. Man ist eine gefühlte Ewigkeit damit beschäftigt, das richtige Zimmer zu finden und zu reservieren. Und das „Highlight“ der angepeilten Direktbuchung: Der aktuelle Preis auf der Hotel-Webseite entspricht genau dem Preis von Booking.com – oder ist sogar höher!

Ich vergleiche immer wieder die Raten auf Booking.com und auf den Webseiten der Hotels. Mein persönliches Fazit: Nicht nur der Buchungsprozess ist bei direkten Reservationen schwierig und zu komplex, in den meisten Fällen bieten mir die Hotels Raten an, die genau den Raten von Booking entsprechen oder höher sind. Wie heißt es so schön: „Wer direkt bucht, fährt am besten und am billigsten“, so in etwa der Werbeslogan der Hotelverbände. Mitnichten!

Klar, ich kenne nicht wenige Hotels (vor allem im 4- und 5-Sterne-Segment), die alles richtig machen und den Direktvertrieb im Griff haben. Sie verfügen über eine attraktive, unkomplizierte Webseite und über ein effizientes CRM, der Buchungsprozess ist einfach und dauert höchsten ein paar Minuten (so wie bei Booking.com) – und ich erhalte den besten Preis plus Sonderleistungen, die ich über OTAs nicht erhalte. Sind das Ausnahmen?

Nochmals: Warum buche ich in der Regel über Booking.com? Vor allem in Städten oder Destinationen, wo ich die Hotels und Standorte nicht oder kaum beurteilen kann. Mal ganz ehrlich: Die Argumente pro Booking liegen auf der Hand.

  • Der ganze Buchungsprozess geht schnell, dauert in der Regel zwei bis drei Minuten.
  • Die App auf dem Handy ist einfach und klar strukturiert. In wenigen Sekunden erhalte ich eine Übersicht der Hotels am jeweiligen Ort.
  • Die Lage des Hotels ist nach wie vor ein entscheidendes Kriterium. Dank der Karte auf Booking.com sehe ich, wo sich ein Hotel befindet – und welche Anbieter in der Umgebung mit welchen Preisen aktuell operieren.
  • Booking.com bietet mir eine Hotelübersicht, wie ich sie sonst nirgends finde.
  • Meine persönlichen Daten (inkl. Kreditkarte) sind bei Booking.com hinterlegt, was eine Menge Zeit spart und den Buchungsprozess markant vereinfacht und beschleunigt.
  • Dank Genius erhalten ich bei Booking.com Sonderraten.
  • Die Stornierungsbedingungen sind transparent und auf Booking.com oft attraktiver, als wenn ich direkt beim Hotel buche.
  • Die Reservationsbestätigung folgt in wenigen Minuten – auf der App und per Mail. PS: Bei gewissen Hotels warte ich oft Stunden, wenn nicht gar Tage, bis die Bestätigung eintrifft…

Ich könnte an dieser Stelle weitere Argumente für Booking.com erwähnen (aus Gästesicht), aber ich verzichte darauf, denn dieser Kommentar ist ja kein Werbespot für Booking.

Und was bringt Booking dem Hotelier, der seine Zimmer eben auch oder gar vorwiegend über den OTA anbietet? Sie alle kennen die Argumente, deshalb hier nur die Kurzfassung:

  • Auch wenn Booking teuer ist, weil die Kommissionssätze bei 12, 15 oder gar 18 Prozent liegen, die Vorteile liegen auch hier auf der Hand: Man ist als Hotel, dank OTAs, weltweit sichtbar – auch in Korea, Grönland oder auf den Fidschi-Inseln.
  • Booking.com ist nicht nur ein Buchungskanal, sondern eine globale Werbeplattform für die Hotellerie.
  • Booking.com sieht die Hotels als „Kunden“ – und nicht als „Gegner“. Das wird mir von Booking-Leuten (vor allem in der Schweiz) immer wieder bestätigt. Nur scheint die Wahrnehmung der Verbände und einiger Hoteliers eine etwas andere zu sein
  • Und noch etwas: Kein Hotel muss sich Booking anschließen! Man kann seine Zimmer auch direkt – zum Beispiel über den gedruckten Prospekt, per Fax und E-Mail verkaufen. Warum nicht vermehrt Mund-zu-Mund-Propaganda? Ich kenne Hotels, die operieren recht erfolgreich damit – und verzichten freiwillig auf Booking & Co. Kein Witz!

Auch wenn uns viele Dinge bei Booking stören, auch wenn Booking-Vertriebsleute Hotels immer wieder unter Druck setzen und die „besten Preise“ durchsetzen wollen, auch wenn Booking-CEO Glenn Fogel im letzten Jahr satte 126 Millionen US-Dollar kassiert hat – Tatsache ist und bleibt: Wir müssen uns mit dieser Online-Weltmacht namens Booking.com arrangieren. Ja, Booking hat Macht – und spielt diese immer wieder aus. Ich plädiere für eine friedliche Koexistenz zwischen Hotels, Verbänden und Booking.

Quizfrage: Wo wären all die Hotels, die ihre Zimmer vor allem über Booking.com vermarkten, da sie kaum in der Lage sind, ein professionelles und gästefreundliches Online-Marketing zu betreiben? Zum Glück gibt es Booking & Co.

Schluss mit dem ewigen Kampf gegen Booking.com. Es ist Zeit, diese jahrelange Kontroverse zu beenden, denn die Branche hat andere Herausforderungen zu bewältigen.

Hans R. Amrein
Publizist & Gesellschafter

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