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Kommentar von Hans r. Amrein

Warum werden Hotels in den Medien oft falsch dargestellt?

Und wieder einmal berichtet die grösste Tageszeitung der Schweiz (Blick) über ein Hotel. Diesmal enthüllt das Boulevardblatt «Missstände» im Waldhaus in Flims (Graubünden). Dem Luxushaus laufen die Mitarbeitenden davon und der Betrieb sei defizitär und schreibe «tiefrote Zahlen», schreibt das Blatt. Zudem riskiere das Waldhaus-Management eine «Klage in Millionenhöhe». Grund: Das Waldhaus hat die Mitgliedschaft bei «Autograph Collection» gekündigt. «Autograph Collection» ist ein Brand von Marriott, der grössten Hotelgruppe der Welt.

Im Blick wird ein ehemaliger Waldhaus-Mitarbeiter mit dem Pseudonym «Daniel F.» erwähnt und zitiert. «Daniel F.» packt aus und stellt den ehemaligen Arbeitgeber an den Pranger. Wie sich später herausstellt, handelt es sich bei «Daniel F.» nicht um Daniel Füglister, der das Waldhaus nach 2014 knapp zwei Jahre lang führte. Ich frage mich: Wie kommt die Blick-Journalistin zufällig auf «Daniel F.»?

Was ist passiert, nachdem die Blick-Story letzte Woche erschienen ist? Daniel Füglister, der mit der Story «absolut nichts am Hut hat», erlebte einen «wahren Shitstorm», wie er gegenüber Hotel Inside sagte. Hoteliers, Kollegen und andere Branchen-Exponenten meldeten sich bei Daniel Füglister: «Bis du Daniel F.»?

Was ist von der Blick-Story über das Waldhaus zu halten? Ja, das Waldhaus hat «Personalprobleme», denn die Fluktuation ist seit Jahren überdurchschnittlich hoch – die «Leute» kommen und gehen… Soll das Resort nächstens (wieder einmal) verkauft werden? Für 250 Millionen Franken, wie der Blick spekuliert? Nein, es gibt derzeit keine Anzeichen dafür. Die Immobilienbesitzerin, die amerikanische Z Capital Group mit Sitz in New York, hat laut Insiderinformationen aktuell nicht die Absicht, aus dem Waldhaus auszusteigen und das Resort auf den Markt zu bringen.

Und was ist mit der so genannten «Millionenklage»? Da ist laut Insider-Informationen derzeit «alles offen». Gut möglich, dass sich das Waldhaus-Management und Marriott «aussergerichtlich einigen». Dass ein Hotel nach zwei oder drei Jahren aus einer Marketing-Kooperation aussteigt, ist alles andere als eine Novität. Das kommt in der Branche laufend vor. So gesehen mag das Thema für den Blick eine spannende Story sein, für die Branche jedoch ist so etwas nicht relevant.

Warum publizieren Schweizer Publikumsmedien, allen voran die Tageszeitungen und Fernsehen SRF, immer wieder so reisserisch aufgemachte und oberflächlich recherchierte Hotelgeschichten?

Ja, die Recherchen sind oft ungenügend, die Informanten wenig relevant und die Story generell wenig aussagekräftig.

Es gibt keine allgemein gültige Antwort auf solche Fragen. Ich stelle fest: Auf den Redaktionen der Zeitungen wird gespart – vor allem auch im Reiseteil. Und: Die wenigsten Medien beschäftigen kompetente Journalisten, die sich intensiv mit Tourismus, Reisen, Gastronomie und Hotellerie auseinandersetzen. In der Regel schreibt der Wirtschaftsredaktor nebenbei auch noch über Tourismus und Hotellerie, wenn es denn sein muss…
Im Gegensatz zu Themenbereichen wie Politik, Sport, Kultur und Wirtschaft verfügen die meisten Schweizer Zeitungen über sehr wenig Kompetenz und Know-how, wenn es um touristische Ereignisse und Hotelthemen geht.

Fazit: In den Zeitungen – und oft auch am Bildschirm (Fernsehen SRF) – wird spekuliert, was das Zeug hält. Falschmeldungen, oberflächliche Recherchen, wenig Sachverstand und Tiefe sind leider journalistischer Alltag, wenn es um Tourismus und Hotellerie geht. Natürlich gibt es Ausnahmen. Die NZZ gehört dazu, oder das Wirtschaftsmagazin Bilanz mit Claus Schweitzer, der sich seit Jahren intensiv mit Reisethemen und Hotellerie beschäftigt und über das nötige Fachwissen verfügt. Und sonst?

Mein Tipp: Lassen Sie sich von Hotelgeschichten in der Publikumspresse nicht irritieren. Oft sind es so genannte Null-Geschichten. Das heisst: Der Informationswert dieser Storys liegt bei null (= 0). Passen Sie auf, wenn sich irgendwelche Medienleute bei Ihnen melden – mit der Absicht, die grosse Hotelstory zu schreiben. Das «Gegenlesen» einer Textvorlage ist ein «Muss»! Sonst werden Sie schlaflose Nächte haben. Fragen Sie Ihren PR- oder Kommunikationsberater, wenn Sie Journalisten-Anfragen erhalten. Überlegen Sie es sich gut, bevor Sie offen und freundlich Medien-Fragen beantworten.

Hans R. Amrein
Publizist & Gesellschafter

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