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Kommentar von Hans r. Amrein

Über Booking.com und Hotel-Sterne in Italien

Natürlich sollte man Hotelzimmer, wenn immer möglich, direkt auf der Webseite eines Hotels buchen – und nicht über die OTAs wie Booking & Co. Denn Hotels bezahlen relativ hohe Kommissionen (ca. 12 bis 15 Prozent), zudem werden Sie immer abhängiger von den global operierenden und mächtigen Online Travel Agencies.

Ich schaue mir – vorerst auf Booking.com – diverse Hotels in Milano an, will dann aber nicht über Booking, sondern direkt beim Hotel buchen.

Und siehe da: Der Buchungsprozess auf der Hotel-Webseite entpuppt sich als äusserst kompliziert und langwierig. Ich verliere die Nerven – und lande wieder auf Booking.com. Dort buche ich ein Zimmer bzw. drei Nächte in einem 4-Sterne-Boutique-Hotel im Zentrum von Milano. Der ganze Buchungsprozess auf Booking.com dauert nur gerade zwei bis drei Minuten, die Reservationsbestätigung folgt wenige Sekunden nach der Buchung. Und diese wird direkt auf mein Smartphone übertragen.

Kein Wunder, hat Booking.com weltweit Erfolg! Alles funktioniert einfach und problemlos, und das Zimmer ist in der Regel auch nicht teurer, als wenn ich es direkt beim Hotel buchen würde. Zudem bietet mir Booking zahlreiche Zusatzleistungen an, die mir die meisten Hotels nicht bieten (können): Mietwagen, Flugticket, Preisvergleiche usw. Doch auch die Hoteliers profitieren von Booking, denn dank dieser Plattform sind sie weltweit sichtbar.

Nichts Neues, was uns der Schreibende hier erzählt, werden Sie vielleicht denken. Ich sage: Solange viele Hotels nicht in der Lage sind, dem potenziellen Gast ein attraktives und einfach funktionierendes Buchungssystem zur Verfügung zu stellen, werden laufend Gäste auf Booking.com abwandern – und bei Booking bleiben. Und die Hoteliers verlieren Geld. Deshalb mein Plädoyer an alle Hoteliers, die über veraltete oder komplexe Buchungssysteme verfügen: Investieren Sie sofort Geld in Ihren Webauftritt und in eine einfache, benutzerfreundliche Buchungsplattform. Gestalten Sie Ihre Webseite so, dass die Highlights des Hauses – sofern sie solche besitzen – sofort sichtbar sind. Ich entdecke (leider) immer wieder Hotel-Webseiten, die aus dem letzten Jahrhundert stammen, aus einer Epoche, als das Internet gerade erfunden und als Novität lanciert wurde…

Ich habe also ein Zimmer in einem 4-Sterne-Superior-Boutique-Hotel in Milano gebucht (natürlich über Booking.com!). Zum Preis von 685 Euro – für zwei Nächte, ohne Frühstück. Das Hotel liegt direkt an der berühmten Via Monte Napoleone. Das ist eine etwa 500 Meter lange Einbahnstraße im Zentrum Mailands. Sie zählt mit ihren zahlreichen Modeboutiquen und Stammhäusern international renommierter Marken (Cartier, Louis Vuitton & Co.) nicht nur zu den teuersten Prachtstrassen Italiens, sondern von ganz Europa. Hier also liegt mein kleines Boutique-Hotel, das sich als „charmantes, stilvolles Design-Hotel“ verkauft.

Wir betreten das knapp 20 Quadratmeter grosse Doppelzimmer Deluxe. Und siehe da: ein grosses Bett, ein Tischmöbel mit Minibar, ein Stuhl gepolstert, ein Schrank (Inhalt: Kleiderbügel aus Plastik), zwei (zu helle) Lampen, vier italienische Steckdosen. Von Design keine Spur! Billige Möbel und austauschbare Textilien prägen das sogenannte Interior Design. Service? Gibt es hier nicht. Eine Hotellobby? Existiert nicht. Frühstück? Eine Option, die man gegen Bezahlung im externen Restaurant einnehmen kann. Preis und Leistung? Eine Katastrophe. Natürlich, die Lage ist top! Wer mitten im Reich von Armani, Gucci, Valentino und Dolce Gabana nächtigen will, ist hier richtig. Nur: Das Hotel entspricht in kleine Weise der aktuellen Hotel-Klassifikation (4 Sterne-Superior). In der Schweiz wäre das ein 2-Sterne-Haus, wo man fürs Zimmer vielleicht 120 bis 160 Franken hinlegen würde.

Fest steht: Die Hotel-Klassifikationen in Italien entsprechen in keiner Weise den hohen Standards, wie wir sie in der Schweiz, in Deutschland oder in Österreich kennen. Ein 4-Sterne-Haus in Italien ist im besten Fall ein 3-Sterne-Hotel. Italienische 3- oder 2-Sterne-Hotels sollte man grundsätzlich nie buchen, wenn man ein gewisses Qualitätsniveau sowie minimale Serviceleistungen voraussetzt. Böse Stimmen sagen: In Italien ist selbst eine Notschlafstelle als 4-Sterne-Haus klassifiziert…

Fazit: In Italien existieren Luxushotels und Resorts, die zu den besten der Welt gehören. Und sonst? Vergessen Sie grundsätzlich die 4- und 3-Sterne-Hotellerie! Das sind in der Regel austauschbar, veraltete, oft marode und alles andere als freundliche Hotelbetriebe. Da steht ein Bett, daneben eine Minibar, der dicke Spannteppich stammt aus den achtziger Jahren, die Matratze ist durchgelegen, die Sauberkeit am Limit. Im Badezimmer riecht es nach Javel-Wasser.

Seit Jahren kämpft die Hotelstars Union für eine gewisse Harmonie in der Klassifizierung von Hotels in Europa. 20 Länder machen mit, darunter auch Georgien, Lettland oder Malta. Italien ist nicht dabei. Frankreich übrigens auch nicht… Ob die gemeinsamen Kriterien, Standards und Testverfahren der Hotelstars Union tatsächlich auch von allen 20 Ländern eingehalten und umgesetzt werden, ist eine andere Frage. Aber immerhin existiert so etwas wie eine gemeinsame Grundlage mit dem Ziel, dem Gast bei der Buchung eines Hotelzimmers mehr Transparenz und Sicherheit zu geben.

Alles gut und recht, aber der Gast kennt die Hotelstars Union nicht. Er geht davon aus, dass ein 4-Sterne-Haus in Italien in etwa dem Niveau eines 4-Sterne-Hauses in der Schweiz entspricht. Dem ist nicht so. Abgesehen vom 5-Sterne-Segment, haben Hotelsterne in Italien keine Bedeutung. Denken Sie daran, wenn Sie wieder mal ein Wochenende in Mailand, Rom oder Florenz verbringen wollen. Am besten buchen Sie ein renommiertes Luxushaus (Park Hyatt, Four Seasons, Mandarin Oriental usw.), dann sind Sie wahrscheinlich auf der sicheren Seite. Nur ist das eine Frage des Preises.

Hans R. Amrein
Gesellschafter & Chefredaktor

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