hotel inside tag

Newsletter

Werden auch Sie ein Insider!

Folgen Sie uns

Kommentar von Hans r. Amrein

Luxushotellerie: Wer spielt in der Champions League?

Warum berichtet Hotel Inside derzeit oft über die Luxushotellerie? Grund: Auch Drei- oder Vier-Sterne-Hoteliers können vom Fünf-Sterne-Segment eine Menge lernen – vor allem, wenn es um Service Excellence geht. Quizfrage: An welchen Fussballclubs orientieren Sie sich, wenn Sie selbst Fussball spielen oder einen Fussballclub trainieren? Eher an Manchester City, Real Madrid oder am FC Bümpliz, der in der 2. Liga spielt? Wo lerne ich am meisten, wenn es um Balltechnik, Spielstrategie oder Zweikämpfe auf dem Fussballfeld geht – beim FC Liverpool oder beim FC Willisau?

Natürlich sind Hotellerie und Fussball zwei unterschiedliche Welten, haben aber, wenn es um Führung und Strategie geht, viele Gemeinsamkeiten. Warum also können wir von den «Leuchttürmen» der Luxushotellerie eine ganze Menge lernen? Die wichtigsten Gründe:

  • Gäste, die in Luxushotels absteigen und 1000 Franken oder mehr fürs Doppelzimmer (pro Nacht) bezahlen, erwarten eine Infrastruktur, die in jeder Hinsicht top ist. Alles muss perfekt sein – das Housekeeping, der Room Service, die WLAN-Verbindung…
  • Gäste, die in Luxushotels absteigen, erwarten einen überdurchschnittlich guten, persönlichen Service. Eine Servicepräsenz, die weit über den allgemeinen Erwartungen liegt.
  • Gäste, die in Luxushotels absteigen, reisen oft durch die ganze Welt. Heute steigen Sie im Four Seasons George V in Paris ab, morgen übernachten sie im Peninsula Hongkong und nächste Woche vergnügen sie sich im Mandarin Oriental Bangkok.

Was heisst das nun für unsere Luxushotels in Zürich, Genf oder St. Moritz? Kurz gesagt: Der Gast vergleicht sie mit den High End-Häusern in New York, Paris, Tokio oder London. Wer in der Champions League der internationalen Luxushotellerie mitspielen will, bewegt sich zwangsläufig auf dem Niveau eines FC Barcelona oder Real Madrid. Will heissen: Infrastruktur und Service im Hotel müssen top sein – auf höchstem Niveau. Da reichen der freundliche Portier beim Eingang, der Welcome Drink beim Check-in und ein Badezimmer aus Marmor nicht mehr…

Zwischenfrage: Spielen alle rund 100 Schweizer Luxushäuser in der Champions League? Nein, nicht alle. Wer den internationalen Vergleich nicht scheut, sieht sofort: Vieles in Schweizer Luxushotels ist okay bis sehr gut, aber nicht hervorragend. Die Erwartungen des Gastes werden zwar erfüllt, aber nicht übertroffen. Der Service mag herzlich und professionell sein, ist aber von Service Excellenz weit entfernt. Das Haus hat vielleicht eine 150-jährige Geschichte, doch die Zimmer sind nicht mehr auf dem neusten Stand, die Küche ist in Ordnung, aber austauschbar, die Serviceabläufe (zu) routiniert, die Führung patriarchalisch und alles andere als zeitgemäss.

Sie werden sich nun fragen: Welche Fünf-Sterne-Häuser in der Schweiz spielen in der Champions League und sind demzufolge mit Top-Hotels in Paris, New York oder London vergleichbar? Um es vorwegzunehmen: Es sind nur wenige Luxushäuser in Zürich, Genf, Gstaad oder im Engadin, die tatsächlich «ganz oben» mitspielen und ein Service-Niveau erreichen, wie man es bei The Peninsula, Four Seasons oder Aman Resorts erlebt.

Eines dieser Luxushäuser, das «ganz oben» im High-End-Bereich der internationalen Luxushotellerie mitspielt, ist das Hotel Baur au Lac in Zürich. Ich habe das Haus vor wenigen Wochen wieder einmal besucht und hautnah erlebt. Fazit: Das Baur au Lac bietet dem Gast nicht nur eine Top-Infrastruktur, wie man sie in einem solchen Haus auf diesem Preisniveau erwartet. Das Baur au Lac der Inhaberfamilie Kracht geht die Extrameile, wie sie in Top-Hotels dieser Welt gegangen wird.

Meine Beobachtungen im Baur au Lac in Zürich lassen sich etwa wie folgt zusammenfassen: Egal, wer am Tisch im Restaurant «Pavillon» oder in der Brasserie «Baur’s» sitzt, egal, wer gerade eincheckt oder das Hotel verlässt, egal, wer in der Hotelhalle beim Tee sitzt – jeder Gast erhält die gleiche Aufmerksamkeit. Jeder Gast wird mit Namen begrüsst, Service und Qualität im Baur au Lac sind konstant auf höchstem Niveau (das wurde mir auch von mehreren Gästen bestätigt). Gäste und Mitarbeitende begegnen sich auf Augenhöhe. Der Service im ganzen Haus ist stilvoll, aber trotzdem ungezwungen und stets persönlich und herzlich. Die Baur au Lac-Teams verkörpern eine Servicephilosophie, wie man sie – zum Beispiel – in den meisten Häusern der Luxushotelgruppe Four Seasons Hotels & Resorts vorfindet.

Service Excellence im Hotel Baur au Lac beginnt schon am Telefon: Die Telefonistin kommt herzlich und engagiert rüber. Stimme und Konversation passen zum Stil des Hauses. Oder Doorman und Wagenmeister Hans Stricker (64), seit knapp 45 Jahren der «erste und letzte Gastgeber» des Hauses. Er begrüsst seine Gäste wie «alte Freunde» und mit einer Herzlichkeit, die ich in fast keinem anderen Schweizer Luxushotel so erlebe. Das hohe Service-Niveau zieht sich wie der berühmte rote Faden durchs ganze Haus.

Da wirkt in der Brasserie «Baur’s» ein junger Sommelier, der den Gast sofort versteht und folglich den richtigen Wein serviert, was vom Gast mit einem «Wow» quittiert wird. Und die Qualität der Küche? Die Seezunge mit Trüffel-Kartoffelstock und Spinat – ein einfaches Gericht, aber perfekt zubereitet. Oder Maximilian Müller, Küchenchef im «Pavillon»: ein Top-Koch mit viel Potenzial. Und natürlich Marc Almert – der Chef-Sommelier des Hauses ist ein Ausnahmetalent. Oder Aurélien Blanc, seit 2016 Restaurantchef im «Pavillon» – ein Bilderbuch-Gastgeber, engagiert, leidenschaftlich, enthusiastisch.

Und wie macht sich der Chef-Gastgeber des Hauses, Christian von Rechenberg? Wenn Sie mich fragen: ein Glücksfall für die Familie Kracht. Der gebürtige Zürcher, der schon seine Lehrjahre im Baur au Lac absolviert hat, ist der ideale Gastgeber genau für dieses Haus. Andrea Kracht scheint eine glückliche Hand zu haben, wenn es um die Direktoren des Hotels geht, denn schon Wilhelm Luxem war der ideale General Manager. Christian von Rechenberg schafft den Spagat zwischen Tradition, Stil und Modernität. Er setzt einerseits auf «alte Werte», wie man sie im Baur au Lac nach wie vor und trotz Digitalisierung pflegt, andererseits verkörpert der neue GM das, was man ungezwungenen Service und moderne Führung nennt. Ein Leader und Coach mit Charisma und hervorragendem Leistungsausweis. Von Rechenberg wirkte in Top-Häusern in London, Hongkong und New York und weiss, wie Luxushotellerie im High End-Segment funktioniert.

Andrea Kracht, viele Jahre Präsident von «The Leading Hotels of the World» und Mitinhaber des Hauses, hat mir mal gesagt: «Wissen Sie, unser Massstab sind die weltweit besten Luxushäuser und Resorts im Ausland, in den USA, in London, Asien oder Paris. An diesen Häusern müssen wir uns orientieren.» Wie recht er hat!

Mit anderen Worten: Andrea Kracht orientiert sich, um es in der Fussballsprache zu sagen, am FC Barcelona – und nicht am FC Willisau.

Hans R. Amrein
Publizist & Gesellschafter

zur Übersicht