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Kommentar von Hans r. Amrein

Fehlt der Schweizer Hotellerie die internationale Perspektive?

Ich weilte knapp vier Wochen in Thailand, weil dort besonders viele Schweizer Hoteliers oder Hotelmanager aktiv sind. Die zentrale Frage, die sich in allen Beiträgen der Hotel Inside-Sommer-Serie zum Thema Thailand stellte: Was können wir von Thailands Hotellerie lernen?

Ich möchte die Frage über Thailand hinausstellen: Was können Schweizer Hoteliers von ihren Mitbewerbern in Deutschland, Österreich, Holland, England, Amerika oder Frankreich lernen?

Ich plädiere seit Jahren dafür, dass Schweizer Hoteliers und Gastronomen – vor allem auch die Branchenverbände – vermehrt über die Grenze hinausdenken. «Blick über die Grenze», so hiess die Rubrik in einem Fachmagazin für Hotellerie, das ich jahrelang publizistisch betreute. Warum ist dieser Blick über die Grenze so wichtig?

Bevor ich auf diese Frage eingehe, ein Beispiel. Urs Karli ist einer der erfolgreichsten Hoteliers der Schweiz, ein Unternehmer, der in seinen drei Hotels in Luzern (Astoria, Renaissance, The Hotel) nicht nur gutes Geld verdient, sondern auch neuartige, innovative Geschäftsmodelle und Design-Konzepte umsetzt. Es war Karli, der das erste authentische Thai-Restaurant lancierte. Es folgten laufend neue Konzepte und Innovationen – besonders in Karlis etwa zehn Restaurants, Bars und Lounges in der Luzerner Neustadt. Urs Karli hat die Neustadt mit seinen Trendlokalen neu belebt und zum Szeneviertel von ganz Luzern gemacht. Auch «The Hotel», kreiert vom französischen Star-Architekten Jean Nouvel, ist im Grunde genommen eine «Karli-Innovation».

Quizfrage: Wie kam oder kommt Urs Karli zu seinen Ideen? Wo lässt er sich inspirieren? In Altdorf im Kanton Uri? Oder in Wallisellen bei Zürich?

Nein, Urs Karli packt seinen Koffer, fährt zum Flughafen Zürich, steigt in ein Flugzeug ein – und fliegt (zum Beispiel) nach New York oder Los Angeles. Und was tut Karli im fernen Amerika? Er besucht Hotels und Restaurants – vor allem neuartige, innovative Lokale, wie man sie in der Schweiz (noch) nicht kennt.

Vor einiger Zeit, als ich Urs Karli zu einem Gespräch in Luzern traf, sagte er: «Wissen Sie, ich bin ein Hotel-Freak. Wenn ich in eine Stadt oder in ein Land komme, zieht es mich in die Hotels.» Karli will genau wissen, warum gewisse Konzepte in den USA, in London oder Berlin Erfolg haben.

Was tut Urs Karli, wenn er aus den USA, aus London oder Berlin in die Schweiz zurückkehrt? Er ruft seinen Designer und Bühnenbildner an und gibt ihm den Auftrag, ein neuartiges Konzept, wie er es zum Beispiel in London oder Berlin gesehen hat, zu entwickeln. Natürlich kopiert Karli nicht einfach ein Restaurantkonzept, wie es in den USA oder in Deutschland existiert. Er holt sich nur die Impulse, er lässt sich inspirieren. Am Ende entsteht dann ein einzigartiges Konzept, das die Handschrift von Karli trägt.

Natürlich, Urs Karli ist kein Einzelfall, wenn es um innovative Schweizer Hoteliers geht, die ab und zu über die Grenze schauen und sich in London, New York oder Paris inspirieren lassen. Die meisten Schweizer 5-Sterne-Hoteliers, die ich kenne, reisen regelmässig in der Welt herum. Sie lesen auch Hotel Inside, wo fast täglich aus der «grossen Welt der Hotellerie» berichtet wird…

Und trotzdem stelle ich fest: Zu vielen Schweizer Gastgebern, Hoteliers oder Gastronomen fehlt so etwas wie eine internationale Perspektive. Sie machen zwar Ferien im Tirol, in der Toskana oder auf den Malediven, aber sie kennen die grossen Trends der Hospitality-Branche kaum. Baut ein Hotelier seine Lobby um, orientiert er sich bei seinem Mitbewerber am Ort. Investiert ein Hotelier ein oder zwei Millionen in neue Zimmer, lässt er sich vom lokalen Architekten oder einem Designer aus der Innerschweiz inspirieren. Dabei müsste er eigentlich nach Amsterdam, Kopenhagen oder London fliegen und sich hier inspirieren lassen, denn da entstehen derzeit die wirklich innovativen Hotel- und F&B-Konzepte. Nicht in Altdorf oder Wallisellen!

Haben Sie gewusst, dass fast alle wegweisenden Innovationen in der Hospitality-Industrie im Ausland entstehen – und erst später in der Schweiz lanciert werden? In der Regel über internationale Hotelgruppen. Es sind Hotelkonzerne wie Accor, Marriott, Hyatt oder Intercontinental, die seit Jahren neue Massstäbe setzen, wenn es um neuartige und kreative Konzepte oder Geschäftsmodelle geht. Auch da: Ausnahmen bestätigen die berühmte Regel…

Quizfrage: Wer hat 25hours Hotels erfunden? Ein Eidgenosse aus Uri oder Nidwalden? Mitnichten. Es waren ein paar kreative Typen aus Hamburg, u.a. Christoph Hoffmann. Sie haben Hotellerie neu definiert. Wer hat Ruby Hotels erfunden? Michael Struck aus München, ein äusserst kreativer Kopf. Wer hatte die glanzvolle Idee, die Hotelmarke CitizenM zu entwickeln? Es war ein innovativer Unternehmer (mit indischen Wurzeln) aus Amsterdam – leider kein Basler oder Berner Oberländer.

Immerhin: Wir haben auch in der Schweiz ein paar kreative Köpfe, die in der Lage sind oder wären, wirklich innovative, bzw. neuartige Hotelkonzepte zu entwickeln. Beispiel: Daniel Renggli. Er hat die Revier Hotels erfunden und mit Erfolg lanciert, nicht nur in der Schweiz, sondern auch im Ausland. Wobei die Revier-Idee ja auch nicht ganz so neu ist, denn vieles erinnert an Motel One, 25hours und andere Next Generation-Konzepte…

Wirklich neuartig und innovativ ist Stay KooooK, entwickelt und lanciert von der SV Group. Der kreative Kopf dahinter: Beat Kuhn, ein gebürtiger Walliser und zweifellos einer der erfolgreichsten Hotelmanager des Landes. Das Besondere an Stay KooooK: Die Idee entstand in der Schweiz und wurde in der Schweiz von SV Hotels entwickelt und lanciert. Und: Stay KooooK hat Expansionspotenzial – nicht nur in der Schweiz, sondern weltweit.

Sie sehen, liebe Hotel-Insiderinnen und Insider, es gibt in der Tat ein paar Hospitality-Eidgenossen, die innovativ und weiträumig denken und handeln. Leider sind sie (noch) eine Minderheit.

Mein Aufruf: Geht hinaus in die grosse, weite Welt, liebe Hoteliers! Macht nicht nur Badeferien in Ligurien oder in der Karibik – schaut euch die neuartigen Hotelkonzepte irgendwo zwischen Rom und Kopenhagen an, lasst euch inspirieren und begeistern. Mein Aufruf richtet sich auch an die Branchenverbände Hotelleriesuisse und Gastrosuisse: Schaut vermehrt über die Grenze! Schaut, was die Engländer, die Österreicher oder die Holländer so tun.

Vor wenigen Tagen ist das neue Hotel-Ranking der Bilanz erschienen. Und siehe da: Der Herausgeber des Rankings, der Reisejournalist Claus Schweitzer, verzichtet jetzt auf eine rein schweizerische Rangliste, wo die «besten Hotels» präsentiert werden. Neu gibt es nur noch eine Liste mit den Top-Hotels in Europa, darunter die Schweiz. Denn auch da gilt: Blick über die Grenze! Der Gast steigt ja nicht nur in Schweizer Hotels ab…

Ich wünsche Ihnen viel Spass und Erfolg bei Ihrer nächsten Reise nach Kalifornien, Wien, Berlin, London oder Amsterdam!

PS: Noch ein Hinweis in eigener Sache. Hotel Inside hat sich auf die Fahne geschrieben, laufend über internationale Hotelthemen zu berichten, aus bereits erwähnten Gründen. Fazit: Unsere «Reports International» kommen an, werden oft und intensiv gelesen. Hotel Inside für Insiderinnen und Insider, die global denken und lokal handeln…

Hans R. Amrein
Publizist & Gesellschafter

Bildlegende: Der Luzerner Hotelunternehmer Urs Karli

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