Kommentar von Hans r. Amrein

Das Bett als USP: Warum Hotels ihre grösste Chance verschlafen

Architektur, Design und Gastronomie stehen im Rampenlicht – doch das Bett, der eigentliche Kern eines Hotelaufenthaltes, wird oft stiefmütterlich behandelt. Viele Hoteliers setzen auf billige Matratzen aus China und sparen am falschen Ende. Dabei könnte der Schlafkomfort ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein.

Man muss es klar und immer wieder betonen: Der Hauptgrund, weshalb Gäste ein Hotel buchen, ist der Schlaf. Nicht die Lobby, nicht die Bar, nicht die kunstvolle Beleuchtung – sondern die Nacht im Bett. Und doch scheinen viele Hoteliers diesen Fakt zu ignorieren. Statt den Schlafkomfort in den Mittelpunkt zu rücken, werden Budgets in Architektur, Design oder Restaurantkonzepte gesteckt. Das Bett bleibt dabei allzu oft ein Stiefkind.

Billigmatratzen statt Schlafkomfort

Ein Blick in viele Hotels zeigt die Misere: Billigmatratzen aus Fernost und preiswerte Bettwäsche aus Taiwan oder China sind weit verbreitet. Sie mögen kurzfristig Kosten sparen, doch sie sind weder langlebig noch hochwertig – und erst recht kein Aushängeschild. Wer glaubt, Gäste würden übersehen, worauf sie schlafen, täuscht sich gewaltig. Der Schlafkomfort entscheidet über die Qualität des Aufenthaltes und damit über die Wiederkehrquote.

Beispiele: Wenn Hotels es richtig machen

Die grossen internationalen Hotelgruppen haben das längst verstanden: Marriott oder Hilton entwickeln seit Jahrzehnten eigene Bettenprogramme. Four Seasons hat sogar ein eigenes Matratzenkonzept etabliert (das individuelle Hotelbett), das die Marke stark mitprägt. Hier wird das Bett als das verstanden, was es ist: ein Alleinstellungsmerkmal und ein Versprechen an den Gast.

Swissfeel und Hof Weissbad: Schweizer Vorbilder

Dass es auch in der Schweiz innovative und nachhaltige Lösungen gibt, zeigt das Beispiel Swissfeel. Das Unternehmen hat mit seinen waschbaren Matratzen eine nachhaltige und zugleich wirtschaftlich attraktive Lösung geschaffen. Hotels wie das Resort Hof Weissbad im Appenzell setzen seit Jahren erfolgreich darauf. Gäste loben den Schlafkomfort, das Housekeeping profitiert von der Hygiene und die Investition macht sich auch betriebswirtschaftlich bezahlt. Gästebewertungen bestätigen diesen klaren Mehrwert. Ein anderes Beispiel ist das Hotel Einstein in St. Gallen. Seit Jahren setzt man dort auf hochwertige Betten und feinste Bettwäsche aus Seide. Da wird das Schlafen zum Highlight mit «Wow-Effekt». Oder, um ein weiteres Beispiel zu nennen, «The Chedi» in Andermatt. Da schläft man in Luxusbetten aus Schweden (von Hand gemacht) und in Bettwäsche aus reinster Seide – ein Vergnügen!

Nein, es müssen nicht Luxusbetten aus dem hohen Norden sein. Das Beispiel Swissfeel zeigt, dass es auch hierzulande Bett- und Matratzensysteme gibt, die qualitativ top, ökologisch nachhaltig und betriebswirtschaftlich attraktiv sind – und erst noch in der Schweiz produziert werden. Oder denken wir an die wahrscheinlich älteste Leinenweberei der Schweiz, die 1872 gegründete Firma Schwob AG in Burgdorf. Da wird Bettwäsche noch in der eigenen Weberei gefertigt. Top-Qualität aus dem Emmental. «Swissness» als starkes Alleinstellungsmerkmal.

Quizfrage: Warum setzen die meisten Schweizer Luxushotels und zahlreiche Hotelikonen im Ausland auf Bettwäsche aus dem Emmental? Und warum werden waschbare Matratzen «made in Switzerland» langsam, aber sicher zum grossen Thema in der Hotellerie (Beispiel Hof Weissbad)?

Hoteliers reden gern von Nachhaltigkeit, von Differenzierung und von Servicequalität. Doch solange das Bett – die eigentliche Kernkompetenz – vernachlässigt wird, bleibt das alles Fassade. Ich sage es schon lange: Schlafkomfort muss ins Zentrum jeder Hotelstrategie rücken. Denn wer seinen Gästen die beste Nacht bietet, hat das überzeugendste Argument auf seiner Seite.

Hans R. Amrein
Publizist & Gesellschafter

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