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Kommentar von Hans r. Amrein

Apropos Luxus: Der Gast will sein Zimmer sofort haben, wenn er ankommt…

Horst Schulze (84, Bild oben) gilt als „Doyen der internationalen Luxushotellerie“. In den 1980er-Jahren wurde er Vorstandsvorsitzender der Ritz-Carlton-Hotels. Er eröffnete als Hotelmanager mehr als 100 Luxushotels weltweit. Aus The Ritz-Carlton (gehört heute zu Marriott) machte er eine der erfolgreichsten Luxushotelgruppen der Welt – mit heute 115 Hotels in 30 Ländern und 40 000 Mitarbeitenden. Horst Schulze war mehr als 60 Jahre in Hotels aktiv. Damit nicht genug: Er lancierte die berühmten „Goldenen Regeln“, die nach wie vor wegweisend für exzellenten Service sind.

Vor einigen Jahren gründete er die „The Capella Hotels Group“ und setzte mit dem Luxusbrand erneut Maßstäbe in der internationalen Hospitality-Industrie.

Übrigens: Haben Sie, liebe Hotel-Insiderinnen und Insider, gewusst, dass Horst Schulze in jungen Jahren als Kellner in der Schweiz arbeitete? Er servierte im Beau-Rivage Lausanne und im Bellevue Palace in Bern. Später wirkte er in vielen berühmten Hotels: Savoy London, Plaza Athénée Paris, Waldorf Astoria New York usw. Als der charismatische Hotelier bereits die Spitze der internationalen Hotellerie erreicht hatte, erhielt er den prestigeträchtigen Award „Welthotelier des Jahres 1991“. Der Preis des US-Fachmagazins „Hotels“ gilt als „Oscar der Hotellerie“.

Demnächst erscheint auf unserem Portal (www.hotelinside.ch) ein ausführliches Porträt von Horst Schulze. Warum ich an dieser Stelle Horst Schulze erwähne, hat einen Grund. Denn der heute 84-jährige, in den USA lebende Hotelier hat sich immer wieder zum Thema „Service und Luxus“ geäußert – auch kritisch. In einem Referat aus dem Jahr 2010 befasste sich Schulze mit der Frage: Was ist Luxus? Und was ist Ultra-Luxus? Horst Schulze sagt:

„Bei der Eröffnung des ersten Ritz-Carlton-Hotels bedeutete Luxus hauptsächlich: Marmor, Kronleuchter, Perser­teppiche. Das ist heute kein Luxus mehr. Die Gäste erwarten persönliche, individuell auf sie zugeschnittene Dienstleistungen. Nach dem Motto: Macht es so, wie ich es will, und nicht, wie ihr es wollt. In den Capella Hotels gibt es zum Beispiel keine festen Check-in- und -out-­­Zeiten mehr. Das ist Ultra-Luxus.
Der Gast will sein Zimmer sofort haben, wenn er ankommt, und es erst verlassen, wenn er zum Flughafen muss. Der Gast will auch essen, wann er will, und nicht, wann es Restaurantöffnungszeiten vorgeben. Ultra-Luxus bedeutet für mich: Ich tue alles für den Gast, solange es moralisch und gesetzlich in Ordnung ist. Es gibt kein NEIN, sondern nur Alternativen. Bei einem Luxus-Haus mit 500 Zimmern ist das unmöglich. Aber in einem Ultra-­Luxus-Hotel mit 100 oder 120 Zimmern kann ich alles machen.“

Wie interpretieren wir die Aussagen von Horst Schulze? Ganz einfach: Frühstück von 7.00 bis 10.30 Uhr gibt es nicht mehr – Frühstück gibt es immer, 24 Stunden am Tag. Das Restaurant ist nicht mehr von 12.00 bis 14.00 geöffnet – es ist immer offen! Der Spa-Bereich des Hauses öffnet nicht erst um 16 Uhr, sondern ist 24 Stunden am Tag zugänglich. Wenn der Gast morgens um 3 Uhr ein Rindsfilet mag, bekommt er es.

Und wie Horst Schulze sagt: Check-in- und Check out-Zeiten fallen weg – der Gast reist an, wie es ihm gerade passt. Das nennen wir Ultra-Luxus!

Interior Design, Marmor, edle Hölzer und Textilien, digitale Spielereien im Hotelzimmer, hochwertiges Mobiliar, eine kluge Klima- und Lichtsteuerung – diese und viele andere Dinge im materiellen Bereich eines Hotels setzt der Gast voraus. Sie haben mit Ultra-Luxus nichts zu tun.

Natürlich werden Sie sich jetzt fragen: Ist Ultra-Luxus überhaupt machbar im Alltag eines Luxushauses? Die Antwort von Horst Schulze lautet: «Ja, klar! Schauen Sie sich die besten Hotels der Welt an! Die haben längst begriffen, dass Luxus mehr ist als Marmor im Badezimmer und Design-Lampen im Wohnbereich einer edel ausgestatten Suite.»

Warum erzähle ich Ihnen das? Es gibt einen Grund. Ich weilte vergangene Woche in Wien und schaute mir u.a. das Rosewood Vienna an. Im Herbst 2022 wurde der «Luxuspalast» (Kronen-Zeitung) eröffnet – als «Ultra-Luxushotel». Im Zusammenhang mit der Marke Rosewood fällt der Begriff «Ultra-Luxus» immer wieder. Auch in München, wo am 27. September ein weiteres Rosewood Hotel eröffnet wird. Es soll das «ultimativ beste Luxushotel in ganz Deutschland» sein, Ultra-Luxus in jeder Ecke, so das Versprechen der Hotelbetreiber.

Zurück zum Rosewood in Wien. Ich schaue mir das ganze Hotel an: Zimmer, Suiten, Bäder, Sitzungsräume, Restaurant, Bar-Lounge, Eingangsbereich, Rezeption usw. Ich beobachte Gäste, die gerade einchecken oder abreisen. Ich achte auf Details im Service und in den Räumen. Denn ich will wissen: Wie fühlt sich «Ultra-Luxus» im Rosewood Vienna an? Schafft es das Luxushaus an bester City-Lage, «Ultra-Luxus» auch wirklich umzusetzen? Unterscheidet sich der Service im Rosewood Vienna wesentlich vom Service in anderen Luxushäusern in Wien (Sacher, Imperial, Park Hyatt usw.)? Verzichtet man im Rosewood Vienna tatsächlich auf Check-in- und Check-out-Zeiten? Erhält der Gast sein Frühstück tatsächlich rund um die Uhr?

Fazit: Das im Herbst 2022 mit Pauken, Trompeten und viel Prominenz eröffnete Rosewood Vienna ist weit davon entfernt, ein «Ultra-Luxus-Hotel» zu sein. Der Check-in-Prozess findet zwar nicht mehr an einer Theke (sprich Rezeption) statt, wo der Gast stehend Kreditkarte und Ausweis zückt und den Meldezettel ergänzt. Gäste, die im Rosewood einchecken, sitzen. Immerhin. Sie sitzen an einem kleinen Tisch aus edlem Holz – auf bequemen Stühlen. Sie erhalten ein Glas Champagner oder Fruchtsaft – und natürlich das obligate Erfrischungstüchlein. Ultra-Luxus?

Und die Suiten und Zimmer? Die sehr freundliche Assistentin des General Managers zeigt uns die grösste und teuerste Suite im Haus. Klar, alles hochwertig und von bester Qualität. Schöne Textilien, Vorhänge, die in Handarbeit genäht wurden, Design-Armaturen im Bad, Regendusche, bequeme Sofas, Aussicht direkt auf historische Gebäude, weiche Teppiche… Ultra-Luxus?

Verstehen Sie mich richtig: Ich habe absolut nichts gegen Rosewood! Ganz im Gegenteil.Ein erfolgreicher Brand, großartige Häuser an besten Lagen. Keine Frage: Rosewood spielt in der Champions League der internationalen Luxushotellerie, so wie Four Seasons & Resorts, Mandarin Oriental, Peninsula, Aman Resorts, The Capella Hotels & Resorts, The Ritz-Carlton usw.

Ich erlaube mir eine Empfehlung zuhanden des Rosewood-Managements: Überlegen Sie es sich sehr gut, liebe Hotelbetreiber, bevor Sie von Ultra-Luxus sprechen! Vor allem im Vorfeld einer Neueröffnung (Beispiel Rosewood München).

PS: In Dubai wurde ein weiteres «Mega-Hotel im Ultra-Bereich» eröffnet: Atlantis The Royal. Das Hotel erstreckt sich über 40 Hektar, ist 500 Meter lang, verfügt über 43 Stockwerke, ist 180 Meter hoch, bietet 795 Zimmer und Suiten, 90 Schwimmbecken, 44 Infinity-Pools, 40 Wasserspiele, vertikale Gärten, eine «Himmelsbrücke», eine Villa im 43. Stock (mit eigenem Pool), 52 Restaurants, darunter mehrere Sterne-Lokale, 96 Suiten, davon 44 mit privatem Pool, 6 Signature Penthouses, die «grösste Suite der Welt», das «grösste Aquarium der Welt» mit 4000 Quallen usw.

«Mit Atlantis The Royal wollen wir eine neue Ära im Bereich der Ultraluxus-Hotellerie weltweit einläuten und die Erwartungen an Luxusreisen oder an ein traditionelles Resort-Erlebnis übertreffen», so die Betreiber des «Mega-Hotels».

Ich sage: Mit wahrem Ultra-Luxus, wie ihn Horst Schulze und die meisten Luxusexperten definieren, hat das alles nichts zu tun. Ultra-Luxus in Dubai bedeutet vor allem Spektakel und Superlative unter dem Motto: alles noch grösser, noch teurer…

Marc Aeberhard, Lead-Auditor bei Hotelleriesuisse, Dozent an der SHL und Experte für Luxustourismus und «New Luxury», sagte am Telefon, als ich mit ihm über das jüngste «Ultra-Hotel» von Dubai sprach: «Diese Hotelbetreiber und Investoren in Dubai haben überhaupt nichts begriffen.»

Hans R. Amrein
Publizist & Gesellschafter

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