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Marketing

So funktioniert die digitale Welt von Accor-Hotels

Wie schafft der französische Hotelkonzern den digitalen Wandel? Warum ist Accor in vielen Digital-Bereichen weltweit marktführend und besonders innovativ? Und was können Schweizer Hoteliers von Accor lernen?

Die Geschichte von Accor beginnt 1967 mit der Gründung der „Société d’investissement et d’exploitation hôteliers“ (SIEH) und des ersten Novotel-Hotels in Lille. Die ehemaligen IBM-Manager Paul Dubrule und Gerard Pélisson orientierten sich am US-amerikanischen Markt, vereinheitlichten ihre Häuser, um Vielreisenden Heimat zu vermitteln. Aus dem Unternehmen wuchs eine Gruppe, die heute mehr als 650 000 Zimmer und 3000 Wohnungen in 95 Ländern vermietet. Insgesamt 4500 Hotels aller Kategorien von Luxus bis Economy umfasst das Accor-Portfolio. Sie gehören rund 20 verschiedenen Marken an.

Der übergeordnete Slogan „Feel welcome“ treibt seit 2014 die Digitalisierung voran: „In der Vergangenheit haben wir uns um den Kunden gekümmert, solange er im Hotel ist“, beschreibt Vorstandschef Sébastien Bazin das Umdenken. „Wichtig ist aber auch die Zeit vorher, wenn der Kunde seine Reise plant, sich auf Buchungs- und Bewertungsplattformen über Hotelangebote und-preise informiert, oder wenn er nach der Reise über seine Erfahrungen reden und Kommentare abgeben möchte.“

Sébastien Bazin

Der Accor-Konzern will eine „augmented hospitality“ schaffen, eine „erweiterte Gastlichkeit“. Zentrales Anliegen ist es, Daten der Gäste zu erhalten, auszuwerten und damit Services zu entwickeln. Zum Dreh- und Angelpunkt werden das markenübergreifende Loyality-Programm „Le Club“, die Webseite und die Reservierungs-App sowie die digitale Kundenkarte „Accorhotels Customer Digital Card“ (ACDC). Zuvor allerdings vollzieht das Unternehmen 2014 eine Wende: Gegen den Trend bekennt sich der börsennotierte Konzern zu eigenen Hotels, kauft für rund 1 Mrd. Euro Häuser zurück, trennt jetzt aber deren Verwaltung strikt vom Betreibergeschäft. „Hotelmanagement und Immobilienverwaltung sind zwei Paar Schuhe“, so Bazin. Der Konzern gewinnt Agilität. Beteiligungen, Zukäufe und Umbauten fallen leichter und können in beiden Sparten besser auf ihre Rentabilität hin kontrolliert werden.

Kundendaten über Loyality-Programm

Der Accor-Konzern will eine „augmented hospitality“ schaffen, eine „erweiterte Gastlichkeit“. Zentrales Anliegen ist es, Daten der Gäste zu erhalten, auszuwerten und damit Services zu entwickeln. Zum Dreh- und Angelpunkt werden das markenübergreifende Loyality-Programm „Le Club“, die Webseite und die Reservierungs-App sowie die digitale Kundenkarte „Accorhotels Customer Digital Card“ (ACDC). Zuvor allerdings vollzieht das Unternehmen 2014 eine Wende: Gegen den Trend bekennt sich der börsennotierte Konzern zu eigenen Hotels, kauft für rund 1 Mrd. Euro Häuser zurück, trennt jetzt aber deren Verwaltung strikt vom Betreibergeschäft. „Hotelmanagement und Immobilienverwaltung sind zwei Paar Schuhe“, so Bazin. Der Konzern gewinnt Agilität. Beteiligungen, Zukäufe und Umbauten fallen leichter und können in beiden Sparten besser auf ihre Rentabilität hin kontrolliert werden.

225 Millionen Euro für mehr Kommunikation

Um das Jahr 2012 zeigt sich in der Hotellerie die Kehrseite von Portalen wie Booking.com oder HRS. Die Abhängigkeit vieler Hotels von diesen Mittlern vergrössert sich. Accor setzt dieser Entwicklung Datenanalyse und Kundenbindung entgegen: „Die Hotellerie muss den Kunden über den gesamten Reiseprozess hinweg begleiten und an sich binden“, ist Bazin überzeugt. „Der Schlüssel dazu sind seine Daten und die müssen in unserem Besitz bleiben. Das geht nur, wenn wir unser Geschäftsmodell digitalisieren.“

225 Mio. Euro nimmt Accor 2014 in die Hand, um mehr Kommunikationskanäle zu Reisenden zu öffnen, aber auch, um tausende Hotels, hunderttausende Mitarbeiter sowie die Reservierungs- und Managementsysteme miteinander zu vernetzen. Die App wird ans hauseigene Buchungstool angebunden und um Reservierungs- und Zahlungsfunktionen ergänzt. Angestellte werden mit Smartphones und Tablets ausgerüstet, damit sie sich im Intranet über die Wünsche von Stammgästen informieren und mit personalisierten Angeboten darauf reagieren können. Um Schlangen vor der Rezeption zu vermeiden, werden für die damals 27 Mio. Le Club-Teilnehmer zunächst Check-in und Check-out-Services online beschleunigt.

Der digitale Prozess

„Leading digital Hospitality“ heisst das Digitalisierungsprogramm von Accor. Es zielt auf die Renovierung der IT-Infrastruktur ab. Wesentliche Punkte auf der Agenda sind „Mobile First“, geschuldet dem veränderten Buchungsverhalten; eine „Customer Centricity“, die die Gäste und deren persönliche Ansprache in den Mittelpunkt stellt sowie eine „Seamless Journey“, bei der sämtliche Services rund um die Reise digital bereitgestellt werden. Zudem dient die neue Plattform „Accor Live“ zur digitalen Kommunikation der Mitarbeiter auf allen Ebenen. Franchisepartner finden ebenfalls online Tools fürs Management ihrer Hotels. Analysierte Daten helfen zudem bei Controlling und Optimierung aller Aufgaben, Zukäufe von Reservierungs- und Managementtools sowie Joint Ventures mit Immobiliengesellschaften ergänzen die interne Restrukturierung.

Technik, Training, Transparenz

Sind die Strategien, mit denen Accor seine Mitarbeiter mitnimmt: Für die Restrukturierung werden die Spezialisten an der Rezeption mit mobilen Geräten ausgerüstet, darauf finden sie Tools für Management und Tischreservierungen, Kauf- und Buchungshistorien der Gäste, Kommunikationsmöglichkeiten mit Kollegen und Partnern, auch Weiterbildungsmöglichkeiten. Zur Strategie gehört, Entscheidungsspielräume durch kleine Etats auszuweiten, so können Mitarbeiter Stammgäste mit kleinen Aufmerksamkeiten wie etwa einem Badezusatz, einem Drink oder einer Kinokarte bei Laune halten.

Vermietung von Wohnungen, Büro- und Arbeitsplätzen…

Zukäufe, Beteiligungen und die Entwicklung eigener Services erweitern das Geschäftsfeld der Accor-Gruppe. Als Vorteil erweist sich die Trennung von Immobilien- und Betreibergeschäft: Accor beteiligt sich an Investorengesellschaften und Hotelkonzepten wie Mama Shelter, 25hours oder Jo & Joe. Die Gruppe kauft auf die Hotellerie spezialisierte Software- und Toolentwickler (Fastbooking, Availpro, Gekko) oder Dienstleister wie den Concierge-Service John Paul. Und sie startet mit Joint-Venture-Partnern neue Geschäfte: etwa in die Vermietung von Wohnungen, Büro- und Arbeitsplätzen, aber auch als Dienstleister für IT und Vermarktung von Hotels und Gastlichkeit sowie als Veranstalter.

Regionale Marketingteams

Mehr als 20 Hotelmarken unter einem Dach, buchbar über das einheitliche Portal: Das bietet Gästen mehr Auswahl, kann aber zur Verwässerung der einzelnen Marken führen. Ein Risiko, das durch zentrale Marketingteams in Regionen und Ländern gelöst wird: Storytelling und Nachrichten werden hier für die Marken aufbereitet und kanalisiert. Das zentrale Buchungssystem ist erreichbar durch die Domains der Hotelmarken, erst im Back-Office werden die unterschiedlichen Datenströme aller Marken zusammengeführt.

„Feel welcome“ lautet der Claim von Accor. Damit machen die Franzosen online und im Fernsehen ihr Buchungsportal international bekannt. Statt auf klassische Werbung, setzt die Gruppe bevorzugt auf Online-Marketing, Social Media und Influencer, um Lebenswelten in Wort, Bild und Film zu präsentieren. Die einzelnen Marken differenzieren das grosse Bild durch eigene Aktionen: Zurzeit bringt beispielsweise die Mittelklassemarke Ibis in ihrer My-Room-Kampagne das Thema Vielfalt auf die öffentliche Agenda. Dabei stellen Influencer Zimmer vor, die Mitarbeiter gestaltet haben.

Das Ziel heisst: Gastlichkeit

140 Mio. Suchanfragen pro Tag und knapp zwei Buchungen pro Sekunde registrierte der Hotelkonzern im Jahr 2021. Rund 40 Mio. Mitglieder zählt das Loyality-Programm Le Club heute. Das Unternehmen ist inzwischen vernetzt und setzt Innovationen schneller um: „Unsere Rolle dabei ist, Gastlichkeit in alle Segmente des Marktes von Luxus bis Economy zu bringen“, sagt Vorstandschef Bazin. Erste digital getriebene Services und neue Geschäftsmodelle sind marktreif: Onefinestay ist die Premium-Vermietung von Wohnungen und Privatzimmern, Nextdoor das Angebot von Coworkingplätzen. Nicht zuletzt vernetzt die Gruppe ihre Hotels enger mit ihrer Umgebung und findet hier neue Kunden. So werden mit „Accor Neighbourhood“ Reinigung, Catering, Veranstaltungsmanagement für Büros und Privatleute buchbar.

Transparenz und Eigenverantwortlichkeit sind gefordert

„Die Transformation betrifft die Strategie, die digitalen Technologien und das Management“, resümiert Bazin. Die Digitalisierung verändert die Arbeitsbeziehungen: Transparenz und Eigenverantwortlichkeiten sind gefordert. Das gelingt, wenn Fehler erlaubt sind: Bei Accor wird in mehreren Labor-Hotels mit Services experimentiert, Markttests grenzen das Risiko ein. Trotzdem kommen Fehler vor: So brachte die Öffnung der Reservierungsplattform als Marktplatz für externe Hotels nicht den erhofften wirtschaftlichen Erfolg. Daten bieten Orientierung bei der Entwicklung von Services, vor allem beim Controlling. 

Quellen: Accorhotels, Ahgz, Archiv Hotelier

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