HOTREC hat seine Studie zum Hotelvertrieb 2024 veröffentlicht, in der die jüngsten Entwicklungen und Trends im europäischen Beherbergungssektor untersucht werden und die Art und Weise, wie Verbraucher Hotelzimmer buchen.
Im Zentrum der Studie standen die OTA’s wie Booking. Tatsache ist: Booking & Co. werden immer mächtiger – und der Direktvertrieb in den Hotels ist weiter rückläufig. Hotel Inside publizierte die Studie und erzielte damit Rekordzahlen auf der Webseite. Hier zwei Reaktionen:
Regula und Thomas Dübendorfer, Boutique-Hotel Bellevue, Interlaken:
«Ihre Zeilen treffen den Nagel auf den Kopf – und warum erstaunt mich die Studie der HOTREC nicht?
Wir können nicht gegen Online-Portale ankommen, ohne Anstrengungen zu unternehmen und gross zu denken. Seit Jahren wird europaweit viel Geld in die Kampagne «book direct» gepumpt – ohne nachhaltigen Erfolg. Dabei wäre gerade dies die Plattform, unter der sich europaweit alle Hotels zusammenschliessen sollten. Mit einfachem Login und dem Gästeprofil im Hintergrund könnte man über die Plattform ganze Europareisen buchen. Dabei wären alle europäischen Hotels über «book direct» buchbar. Vorteil für den Gast: Er müsste nicht bei jeder Buchung seine Daten eingeben.
Die Buchungssysteme auf den Hotel-Webseiten sind den modernen OTA-Buchungsplattformen derart unterlegen, dass viele Gäste, die gerne im Hotel direkt buchen möchten, am Ende doch bei Booking ein Zimmer buchen. Wem dies öfters passiert, wird irgendwann resignieren.
Ich habe in den letzten Jahren keine Gelegenheit ausgelassen, um bei Hotelleriesuisse sowie beim Regionalverband Berner Oberland für eine gemeinsame *book direct»-Plattform zu weibeln. Leider ist man beim Verband der Meinung, dass dies ein schwieriges Unterfangen sei. Offensichtlich will man sich dem Thema bewusst nicht annehmen. Und: Es geht uns momentan noch zu gut.»
Regula & Thomas Dübendorfer
Dr. Christoph Juen, ehemaliger CEO Hotelleriesuisse, Konsulent HGT Hotel-Gastro-Tourismus
«Du triffst in deinem Kommentar einmal mehr den Nagel auf den Kopf mit den OTA’s. Gratuliere! Man muss sich tatsächlich nolens volens irgendwie zwischen Skylla und Charybdis durchmanövrieren: Ohne die OTA’s wie Booking und Expedia geht nichts mehr, aber mit ihnen gibt es immer wieder Ärger. Eine Beobachtung, die ich auf meinen vielen Reisen immer wieder mache – und weshalb ich meine Zimmer trotz Vorausbezahlung immer direkt beim Hotel buche, sowohl im In- als auch im Ausland – ist die folgende: Bei der Direktbuchung im Hotel kann ich im Mail-Dialog meine speziellen Wünsche anbringen, bei der Buchung über Booking.com erhalte ich eine «Commodity-Unterkunft». Anspruchsvolle Vielreisende machen meines Erachtens dieses Learning und buchen deshalb vermehrt direkt, die weniger Anspruchsvollen sind bei einer Booking-Buchung halt mit dem zufrieden, was sie zugeteilt erhalten.
Eine Erkenntnis, die ich jeweils gerne an die Hotels weitergebe: Seid grosszügiger mit den Annullationsbedingungen – offeriert dieselben Bedingungen wie Booking! Viele Reisende buchen deshalb bei Booking, weil sie in unseren unsicheren Zeiten flexibel bleiben möchten und bis kurz vor einer Reise/eines Aufenthaltes eine Annullation ohne Kostenfolgen tätigen wollen. Dies hat auch mit den älter werdenden Reisenden zu tun…
Allerdings gibt es mit der neuen und von Innotour unterstützten Kooperation von Get Local und Discover Swiss ein übergreifendes Konzept für eine Concierge-Buchungs-Plattform, die Erträge und Kommissionen im Lande und sogar beim Hotel selbst behalten. Diese Plattform ersetzt natürlich nicht die Booking’s dieser Welt, aber die Hotels können durch die Vermittlung der Leistungsangebote an die Gäste in ihrer Destination und darüber hinaus zusätzliche Kommissions-Erträge generieren, und die touristischen Leistungsangebote zum Wohle und zur «Convenience» ihrer Gäste rasch realisieren. Und weil bei diesem Konzept der Gast schon auf der vollen «guest journey» (also schon vor der Abreise bis zum Aufenthalt) die Leistungen seiner gewählten Destination im Voraus wird buchen können (über die Hotel-Plattform), könnte sich diese Concierge-Plattform mit der Zeit auch als Magnet für die Direktbuchung der Zimmer im Hotel mausern. Jedenfalls findet nun dieses Projekt die volle Unterstützung der führenden Verbände und Tourismus-Akteure des Landes sowie des SECO.»
Christoph Juen
zur Übersicht