John M. Rusterholz ist ein international erfahrener Hotelier. Er wirkte in Südafrika, Hongkong, Saudi-Arabien, Deutschland, Muri (Aargau) und Zürich. Und jetzt hat der 59-jährige Hotelprofi ein kleines Hotel mit Gasthof in Altdorf (Uri) übernommen. Seit dem 1. November arbeitet er hier als Direktor. Hotel Inside wollte wissen: Wie kommt ein weltweit erfahrener Hotelmanager auf die Idee, ein Hotel mit dem Namen „Höfli“ zu betreiben? Und das in der tiefsten Ur-Schweiz am Fuße des Gotthards?
Traditioneller und eidgenössischer geht kaum: Das Hotel Höfli, mitten in Altdorf im Kanton Uri gelegen, hat eine lange Geschichte. Sie reicht 257 Jahre zurück. Es sei eines der wenigen Gebäude, die den Dorfbrand von 1799 „überlebt“ hätten, erfährt man auf der Webseite des 3-Sterne-Hauses mit 40 Zimmern und Apartments, Restaurant, Pizzeria sowie Tagungs- und Seminarräumen. In diesem Umfeld sucht John M. Rusterholz nun eine „neue Herausforderung“, wie er sagt. Ein Interview mit einem Schweizer Hotelmanager, der ohne weiteres auch in Kapstadt, New York, London oder Honolulu ein Hotel führen könnte – jetzt aber in Altdorf in der Ur-Schweiz „gelandet“ ist…
John Rusterholz, Sie sind ein international erfahrener Hotelier, haben u.a. in Südafrika, Hongkong, Saudi-Arabien oder Deutschland gearbeitet, zuletzt dann auch in Muri im Kanton Aargau und in Zürich. Wie kommt so ein Hotelprofi und Weltembummler auf die Idee, ein kleines Hotel mit Gasthof in der Ur-Schweiz zu übernehmen?
Nun, ich habe auch schon in Basel, Zürich, St. Moritz und Geroldswil gearbeitet – und nun in Altdorf, das immerhin eine Kantonshauptstadt ist. Der Kern unserer Arbeit bleibt dabei überall ähnlich, ob in einer Metropole wie Hongkong oder in einem Ort wie Altdorf: Es geht immer um authentische Gastfreundschaft, eine enge Verbindung zu den Gästen und den Fokus auf Qualität statt Quantität. Ein Gasthof in der Ur-Schweiz verkörpert für mich genau diese Ursprünglichkeit und echte Werte, welche die Hotellerie so besonders machen. In Altdorf habe ich zudem eine Eigentümerschaft bzw. einen Arbeitgeber mit Herz gefunden – etwas, das heute alles andere als selbstverständlich ist.
Das tönt nach einem Glücksfall. Wenn Sie nun in wenigen Worten die aktuelle Positionierung des „Hotel Höfli“ umschreiben müssten, wie würde das tönen?
Das „Hotel Höfli“ in Altdorf positioniert sich als authentischer Gasthof mit familiärer Atmosphäre, der traditionelle Schweizer Gastfreundschaft mit modernem Komfort verbindet – ein Ort, an dem lokale Kulinarik und die Nähe zu Kultur und der Bergwelt im Mittelpunkt stehen.
Schön gesagt, tönt wie ein Werbeslogan. Das Hotelgebäude stammt aus dem Jahr 1768. Wie relevant ist die Hotelgeschichte im „Höfli“?
Die Geschichte des „Höfli“, mit einem Gebäude aus dem Jahr 1768, ist natürlich ein zentraler Bestandteil der Identität und Relevanz des Hauses. Sie verleiht dem Hotel eine besondere Authentizität und einen einzigartigen Charakter, die sich deutlich von modernen, anonymen Hotelbauten abhebt. Diese historische Substanz schafft eine Verbindung zur Vergangenheit und vermittelt den Gästen ein Gefühl von Tradition und Beständigkeit. Gerne möchte ich diesen Ansatz noch vermehrt ins Marketing einbauen.
Haben Sie bereits Pläne oder Projekte für das «Höfli»? Oder bleibt mehr oder weniger alles beim Alten?
Schauen Sie, ich bin erst seit vierzehn Tagen im „Höfli“ und möchte natürlich zunächst den Betrieb, die Gäste und die lokalen Gegebenheiten gründlich kennenlernen, bevor konkrete Pläne geschmiedet werden. Dennoch liegt es in der Natur der Sache, dass wir uns weiterentwickeln möchten. Besonders im Bereich der Digitalisierung sehe ich bei manchen ländlichen Betrieben noch großes Potenzial. Gleichzeitig ist es mir wichtig, auch kulinarisch neue Akzente zu setzen und unser Angebot stetig zu verfeinern.
Zwischenfrage: Ein eigenes Hotel irgendwo auf dieser Welt – war das eigentlich schon mal ein Thema für John M. Rusterholz?
Nein, das hat sich nie ergeben. Allerdings hatte ich die großartige Gelegenheit, für den Zürcher Frauenverein (ZFV) die Sorell Hotels zu gründen. Dabei konnte ich viele meiner Ideen einbringen und verwirklichen. In den Sorell Hotels steckt daher eine große Portion „John M. Rusterholz“ – etwas, worauf ich bis heute mit Demut zurückblicke.
Sie waren mal Präsident der Zürcher Hoteliers, zudem engagierten Sie sich bei Zürich Tourismus. Werden Sie sich im Kanton Uri jetzt auch für die Branche (Verband) oder gar politisch engagieren?
Ich werde mich immer für die Branche engagieren, das muss aber nicht in einem offiziellen Amt sein. Denken Sie an das Lehrlingswesen. Politisch hingegen habe ich keine Ambitionen.
Kann ein Hotel mit „nur“ 40 Zimmern, Apartments und Gastronomie wirklich gute Gewinne erzielen?
Was ist ein «guter» Gewinn? Das Hotel gibt es seit 1786, es hat viele Phasen durchlebt, hatte auch schon eine Brauerei und eine Bäckerei beherbergt. Die jetzige Besitzerschaft hat einiges an finanziellen Mitteln aufgebracht, um den Betrieb den aktuellen Bedürfnissen anzupassen. Selbstverständlich muss der Betrieb mit Gewinn geführt werden.
Wer sind Ihre Gäste in Altdorf?
Unsere Hotelgäste kommen das ganze Jahr über aus der Altdorfer Industrie, die eine wichtige Rolle für unseren Betrieb spielt. Gleichzeitig ist Altdorf kulturell äußerst interessant und generiert Übernachtungen durch Veranstaltungen wie die Tellspiele, das internationale Musikfestival „Alpentöne“, Volksmusik-Events oder das Theater Uri. Im Sommer begrüßen wir zudem zahlreiche Touristen, denn unsere zentrale Lage zwischen Deutschland und Italien macht uns zu einem beliebten Zwischenstopp. Diese kulturellen Veranstaltungen bringen auch viele Gäste in unser Restaurant. Dennoch wird unsere Gastronomie überwiegend von „Einheimischen“ geschätzt und besucht – ein Aspekt, der vielen Großstadthotels fehlt und uns besonders macht.
Haben Sie eigentlich Mühe, Mitarbeitende zu finden? Altdorf ist ja nicht Zürich…
Natürlich bildet Altdorf keine Ausnahme: Auch hier werden dringend Arbeitskräfte gesucht – nicht nur in der Gastronomie und Hotellerie, sondern in nahezu allen Bereichen des Dienstleistungssektors. Letztendlich liegt es jedoch an jedem einzelnen Unternehmer, dafür zu sorgen, seine Mitarbeitenden langfristig zu halten.
Leider gibt es in unserer Branche nach wie vor zu viele Unternehmen, die nur über „Mitarbeiterpolitik“ sprechen oder Positionen wie «Chief People & Culture Manager» schaffen, ohne tatsächlich nachhaltige Maßnahmen umzusetzen. Engagement und Wertschätzung müssen im Alltag gelebt werden – Positionstitel allein reichen nicht aus.
Wird Ihr Hotel komplett unabhängig als privates Haus geführt – oder kooperieren Sie mit einer Hotelgruppe?
Unser Hotel wird als unabhängiges Privathotel geführt und ist nicht Teil einer Hotelgruppe. Der Gedanke, lokal stärker zusammenzuarbeiten, sich gemeinsam zu vermarkten und Synergien zu nutzen, ist selbstverständlich interessant. In den kommenden Monaten werde ich dies eingehend analysieren, um zu prüfen, welche Ansätze langfristig den größten Mehrwert für unser Haus bieten.
John Rusterholz, vielen Dank für das Interview und viel Erfolg im Urnerland!
Wer ist John M. Rusterholz?
Der 59-jährige Zürcher begann seine Karriere in der Hotelbranche mit einer Ausbildung zum Restaurationsfachmann im renommierten Hotel Waldhaus Dolder in Zürich. Nach dem Abschluss der Hotelfachschule Belvoirpark sammelte er umfassende Erfahrungen im In- und Ausland in verschiedenen Bereichen der Hotellerie und Gastronomie. Sein beruflicher Werdegang führte ihn durch mehrere Länder, darunter Südafrika, Hongkong, Saudi-Arabien, Deutschland und auf Hochseeschiffe. Zu seinen Weiterbildungen zählen Programme an der Mosimann Academy in Großbritannien, der Cornell University in den USA sowie an der École hôtelière de Lausanne.
Wichtige Meilensteine seiner Karriere umfassen die Gründung der Sorell Hotels für den Zürcher Frauenverein, die Einführung des asiatischen Restaurantkonzepts „Mishio“ sowie die Unterstützung bei der Eröffnung des Restaurants „Igniv“ im Marktgasse Hotel Zürich. Zudem war er als treibende Kraft und Direktor für die Neueröffnung des 3-Häuser Hotel Caspars in Muri verantwortlich.
John Rusterholz engagiert sich auch aktiv für die Branche: Er war Präsident der Zürcher Hoteliers, Mitglied im Vorstand von Zürich Tourismus, im Vorstand der Zürich City Hoteliers und ist zudem als Prüfungsexperte tätig.
Bildlegende Hauptfoto: John M. Rusterholz
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