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Marketing

Hotelexperte Wilhelm K. Weber über Booking und die Schweizer Preisregulierung

Wilhelm K. Weber ist einer der erfolgreichsten Marketing- und Vertriebsexperten in der DACH-Region. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Online-Vertrieb in der Hospitality-Branche, war Dozent für Revenue Management an der SHL und wirkt u.a. aktuell im Management der Grand Metropolitan Hotel Group.

Kaum war die Entscheidung publik, da schlugen die Wellen hoch. Der Schweizer Preisüberwacher zwingt Booking.com zur Senkung der Kommissionen – ein Eingriff, der tief reicht und Symbolkraft besitzt. Die Massnahme soll Schweizer Hoteliers entlasten, doch der Preis dafür könnte höher sein als erwartet. Denn wer in ein komplexes Gefüge wie die Plattformökonomie eingreift, sollte sich der Folgekosten bewusst sein. Es könnte sein, dass mit dieser Entscheidung mehr geöffnet wurde als nur ein neues Kapitel der Marktregulierung: Vielleicht wurde die Büchse der Pandora geöffnet.

Booking.com (Webseite). Bild: Booking.

Zwischen Markt und Macht

Es ist ein uralter Reflex: Wenn ein Akteur zu mächtig erscheint, ruft das nach Regulierung. In der Plattformökonomie, wo Skaleneffekte und Netzwerkeffekte beinahe zwangsläufig zu Monopolstrukturen führen, liegt dieser Ruf nahe. Booking.com dominiert – und das mit einer Marktmacht, die viele kleinere Anbieter schlicht erdrückt. Dass hier eine Art Schutzschirm gespannt werden soll, ist verständlich.

Doch staatliche Eingriffe in marktwirtschaftliche Prozesse sind kein Nullsummenspiel. Jede regulatorische Maßnahme erzeugt neue Dynamiken – nicht immer im Sinne derer, die man eigentlich schützen will. Das Preisüberwachungsgesetz (PüG) ist ein scharfes Schwert, aber kein Skalpell. Was mit wohlmeinender Intention beginnt, kann in der Praxis zu ungewollten Ergebnissen führen.

Die Illusion der Entlastung

Die Hoffnung vieler Hoteliers: niedrigere Kommissionen = höhere Margen = mehr Selbstbestimmung. Doch was, wenn der Eingriff zu einem Strategiewechsel bei Booking.com führt? Das Unternehmen könnte sich vom Kommissionsmodell verabschieden und auf das sogenannte Merchant-Modell umstellen. Für die Hotellerie wäre das eine denkbar schlechte Nachricht. Denn dann diktiert nicht mehr das Hotel den Endpreis – sondern die Plattform. Transparenz adieu, Preishoheit passé.

Brisanter noch: Während beim klassischen Kommissionsmodell – dem sogenannten „Retail-Modell“ – beide Seiten von steigenden Zimmerpreisen profitieren, verschiebt sich das Gleichgewicht beim Merchant-Modell. Die Plattform erzielt ihre Marge durch möglichst niedrige Einkaufspreise. Der Anreiz, Preise zu drücken, ist systemimmanent – und das geht selten zugunsten der Hotels aus. Ein Blick auf Märkte mit hohem Anteil an Reiseveranstaltern, etwa Ägypten, genügt, um die Dynamik zu erkennen: Was als Vertriebskanal begann, endet nicht selten in Preisverfall und Abhängigkeit.

Schon einmal hatten wir diesen Konflikt – bei der Ratenparität. Auch dort versprach man sich Entlastung, endete jedoch in einem Flickenteppich nationaler Regelungen und zunehmend komplexem Ratenmanagement. Ein Pyrrhussieg. Und diesmal? Vielleicht sogar ein Bumerang.

Booking-Hauptsitz in Amsterdam. Bild: Tageskarte (Jochen Tack).

Eine Branche zwischen Emotion und Strategie

Die Branche steht unter Druck, keine Frage. Die letzten Jahre waren geprägt von Unsicherheit, Kostendruck und sich wandelnden Gästeerwartungen. Plattformen wie Booking.com bieten in diesem Umfeld nicht nur Sichtbarkeit, sondern oft auch eine Überlebensgarantie. Ihre Reichweite ist ein Vertriebskanal, den man sich nicht leisten kann, zu verlieren. Wer heute gegen sie kämpft, sollte sich fragen, ob er morgen ohne sie bestehen kann.

Doch Kooperation bedeutet nicht Unterwerfung. Eine selbstbewusste Branche darf und soll Missstände benennen. Aber sie sollte den Dialog suchen, statt sich in Grabenkämpfen zu verlieren. Regulierung ersetzt keine Beziehungspflege.

Fazit: Dialog statt Dämonisierung

Vielleicht ist die wichtigste Erkenntnis dieser Debatte: Es gibt keine einfachen Antworten. Die Plattformökonomie ist kein klassischer Markt, sie ist ein Ökosystem – verwoben, komplex, fragil. Eingriffe an einer Stelle haben Folgen an anderer. Das verlangt von uns: Weitsicht, Augenmaß und Dialogbereitschaft.

Denn ja – die Büchse der Pandora ist geöffnet. Aber zwischen all den Übeln, die entflohen, blieb bekanntlich auch etwas in ihr zurück: die Hoffnung. Es liegt an uns, ob wir sie nutzen.

Über Grand Metropolitan Hotels

Seit Mai 2023 ist Wilhelm K. Weber in der Funktion eines Chief Strategy and Digital Officer bei den Grand Metropolitan Hotels (GMH) tätig. GMH ist eine der führenden Hotelmanagement-Gesellschaften mit Sitz in der Schweiz und ist spezialisiert auf die Bereitstellung massgeschneiderter Lösungen im Bereich Branding, Hotelmanagement, Franchise und Affiliation, die auf die individuellen Bedürfnisse von Hotelbesitzern sowie Investoren zugeschnitten sind. 
 
Zu der Gesellschaft gehören unter anderem bekannte Marken wie Grand Metropolitan Hotels Collection, Castlewood Hotels und Resorts, Swiss Hospitality Collection, African Heritage Hotel Collection, African Hotel Alliance, 7Pines Hotels & Resorts, Brioni Luxury Hotels, Voile D’Or Hotels & Resorts, Martinez Hotels and Resorts sowie TOP INTERNATIONAL Hotels und zahlreiche F&B Brands.
 
Ein internationales Team aus Hoteliers mit langjähriger Erfahrung in allen Bereichen der Hospitality-Industrie, vertreten an sechs strategischen Standorten weltweit, bieten Hotelinvestoren und Eigentümern umfassende Unterstützung und Serviceleistungen an. Nachhaltigkeit und fortschrittliche Digitalisierung sind dabei für das Unternehmen von zentraler Bedeutung.  

www.grandmethotels.com

Bildlegende Hauptfoto: Vertriebs- und Digitalexperte Wilhelm K. Weber.

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