Andreas und Daniel Balz sind stolz auf ihr kleines «Hotel Jardin» im Berner Breitenrainquartier. Mit nur 25 Zimmern und grossem Festsaal schaffen sie es, wirtschaftlich erfolgreich über die Runden zu kommen. Sie führen das Hotel in dritter Generation. Das «Jardin» ist eines der wenigen Hotels in Bern, das noch in Familienbesitz ist – und von der Familie operativ geführt wird. Hotel Inside sprach mit Andreas Balz über die Hintergründe der familiären Erfolgsstory.
Es ist ein klassisches «Hotel Garni» – Zimmer mit Frühstück. Das Restaurant haben die Zwillingsbrüder Balz 2018 bewusst geschlossen. «Es gibt im Quartier und in der Stadt genügend Beizen und Gastronomiebetriebe.» Das Hotel Jardin (früher Militärgarten) wird seit über 100 Jahren von der Berner Familie Balz geführt – jetzt in dritter Generation (Andreas und Daniel Balz).
Hotel Inside-Macher Hans R. Amrein sprach mit Andreas Balz über vergangene Zeiten im «Jardin», als hier nächtelang getanzt und gefeiert wurde:
Hintergründe zum Hotel Jardin
1985 starb der Vater der beiden Gastgeber. Fazit: Die Zwillinge übernahmen den elterlichen Betrieb – und bauten diesen in über 25 Jahren stets aus.
Nun, das «Jardin» verfügt über eine etwas spezielle Geschichte, denn es war in den vergangenen 60 bis 70 Jahren «die Disco», bzw. «das Tanzlokal» von Bern und Umgebung. Im Grossen Bankettsaal traten in alten Zeiten Live-Bands auf, später wurde der Saal zur Disco, wo bis in die frühen Morgenstunden zum Sound von John Travolta & Co. getanzt und gefeiert wurde. «Ja, das Jardin war die beliebteste und erfolgreichste Disco von Bern», erinnert sich Andreas Balz. Daneben trafen sich im Saal Vereine und Clubs.
Bis 1985 war das «Jardin» ein reines Restaurant mit Saal und Kegelbahn. Dann machten die Gebrüder Balz aus der «Beiz» ein Hotel mit anfänglich 18 Zimmern. Heute verfügt das Hotel über 25 Zimmer. 60 Prozent der Gäste sind Schweizer/innen, gefolgt von Reisenden aus Deutschland. Das Hotel ist als 3-Sterne-Betrieb klassifiziert, die durchschnittlichen Zimmerraten liegen bei 180 Franken.
Auf die Frage, wie er denn die aktuelle Positionierung des Hauses umschreiben würde, meinte Andreas Balz: «Unser Hotel wird sehr persönlich und familiär geführt. Wir sind die Gastgeber – und wir sind die Eigentümer und Betreiber.» In Zeiten, wo die grossen Hotelkonzerne wie Accor, Marriott & Co. auch in Städten wie Bern immer präsenter werden, keine Selbstverständlichkeit. Ein weiteres Markenzeichen des Hotels: die sehr guten Gäste-Bewertungen (Booking 8.9)
Dass man mit nur 25 Zimmern auch gutes Geld verdienen kann, beweisen die Zwillingsbrüder Balz jeden Tag. «Aber man muss die Kosten im Griff haben und sich überdurchschnittlich für den Betrieb engagieren.» Und wo liegt die Auslastung im «Jardin»? «Aufs Jahr gerechnet, liegen wir bei 80 Prozent», so Andreas Balz. Andere Berner Hotels können davon nur träumen.
Die Geschichte
Das Hotel Jardin in Bern wurde nach der Jahrhundertwende unter dem Namen Militärgarten gebaut. Bereits im 19. Jahrhundert gab es an der Stelle, wo heute das Hotel steht, ein Restaurant namens Militärgarten. Die angrenzende Berner Kaserne, inklusive eines großen Zeughauses, war schon damals eine wichtige Institution. So kam es, dass ein Grossteil der Kundschaft des Restaurants Militärgarten aus Militärangehörigen, Angestellten der Kaserne und dem Personal des Zeughauses bestand.
Um 1900: Das Breitenrainquartier entstand
In der Umgebung des Militärgartens entstand im 19. Jahrhundert und nach 1900 ein Wohnquartier, insbesondere nach der Fertigstellung der Kornhausbrücke im Jahr 1898. Um 1920 wurde das heutige Gebäude erbaut, damals alleinstehend, mittlerweile Teil einer angebauten Häuserzeile. Der wichtigste Bereich des Betriebes war der grosse Saal, der auch heute noch gebraucht wird. Im Zusammenspiel entstand ein Restaurant mit grosszügiger Terrasse und einer modernen Küche im Untergeschoss. Die heutigen Hotelzimmer waren am Anfang Wohnungen.
1929: Übernahme durch die Familie Balz
Unter dem Namen «Gesellschaftshaus Militärgarten» (ein Hotelbetrieb existierte damals noch nicht) wurde der Betrieb von Ernst und Flora Balz-Kindler übernommen. Es folgten turbulente Jahre, auch Kriegs- und Krisenzeiten.
1953/54: Discorama Jardin
In den Jahren 1953/54 übernahmen Fritz und Margrit Balz-Beetschen die Geschäfte. Die Tanzabende im grossen Saal wurden in einen Disco-Betrieb umgewandelt – unter dem Namen Discorama Jardin wohl eine der ersten Diskotheken schweizweit. Der Disco-Betrieb wurde über Jahrzehnte als Disco-Dance Jardin mit grossem Erfolg aufrechterhalten.
Nach 1970: Dritte Generation
Nach dem Tod von Fritz Balz im Jahr 1985 übernahmen dessen Zwillingssöhne Daniel Balz und Andreas Balz in dritter Generation den Betrieb. Das Haus wurde zu einem Hotelbetrieb ausgebaut und hiess neu Hotel Restaurant Jardin. Dies in Anlehnung an den bereits seit Jahrzehnten existierenden Übernamen Jardin. Seither wurden zahlreiche Umbauten und Renovationen durchgeführt, so dass heute ein zeitgemässer Gastrobetrieb an der gleichen Stelle steht, wo 1880 der Militärgarten schon stand. Das Hotel Jardin war wirtschaftlich erfolgreich – trotz schwierigem Umfeld. Vom neuen Wankdorf-Stadion, der Post Finance-Arena (Eishockey) und dem BEA-Messegelände profitierte auch das Hotel Jardin im Breitenrainquartier.
2010: Immer noch in Familienbesitz
Finanzkrise und Pandemie, neue Kettenhotels in Bern, neue Gästegewohnheiten, Digitalisierung und Fachkräftemangel – das Hotel Jardin überlebte all diese «Herausforderungen» und ist eines der wenigen Hotels in der Region Bern, das noch im Besitz einer Familie ist – und von der Familie operativ geführt wird.
Die Zwillingsbrüder Andreas und Daniel Balz führen den Betrieb mittlerweile seit über 25 Jahren.
2017: Erneuerung der Hotelzimmer
Ab 2017 bricht erneut eine neue Epoche an im Hotel Jardin. Im Frühjahr wurden alle Hotelzimmer komplett renoviert und mit neuester Technik ausgestattet. Und im Herbst 2017 wurde der Betrieb neu ausgerichtet und für die weitere Zukunft fit gemacht. Die Gastronomie gehörte der Vergangenheit an, dafür entstanden neue Zimmer. Ab 2018 war das «Jardin» ein Hotel Garni.
2019: Privates Jubiläum…
Im Herbst 2019 durfte Margrit Balz-Beetschen, also die Mutter der beiden Geschäftsinhaber, Grossmutter von fünf Enkelkindern und auch Ur-Grossmutter, den 100. Geburtstag feiern. Am 12. Dezember 2021 verstarb Margrit Balz-Beetschen im Alter von 102 Jahren.
2022/23: Laufende Investitionen
Nach der Pandemie investierten die Gebrüder Balz weiterhin in ihr Hotel. So wurden u.a. Bäder renoviert, eine eigene E-Ladestation installiert und neue Kaffeemaschinen für alle Etagen angeschafft.
Bildlegende Hauptfoto: Das Hotel Jardin bei der Kaserne Bern.
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