Künstliche Intelligenz, kurz KI. Sie beherrscht die Hospitality-Branche aktuell wie kaum ein anderes Thema. Fakt ist: Viele kleine und mittlere Hotels (KMU) sind überfordert, wenn es um KI geht. Wie soll man KI in die Hotelprozesse integrieren? Worin liegt der eigentliche Nutzen von künstlicher Intelligenz im Hotelalltag? Hotel Inside widmet dem Thema KI eine Serie, verfasst von den besten KI-Hotelexperten in der DACH-Region. Hier ein Update für Entscheider aus der Privathotellerie.

2023 war das Jahr der großen Erwartungen an künstliche Intelligenz (KI). Viele Hoteliers begannen, sich intensiver mit neuen Tools wie ChatGPT oder automatisierten Buchungssystemen zu beschäftigen. Die Vision war verlockend: Prozesse sollten automatisiert, Mitarbeitende entlastet, die Kommunikation mit Gästen verbessert und sogar der Umsatz gesteigert werden. KI galt als Schlüssel zur Transformation der Hotellerie – auch und gerade für kleinere Häuser, die in einem zunehmend kompetitiven Umfeld bestehen müssen.
2025, zwei Jahre später, hat sich die Lage deutlich verändert. Einige dieser Erwartungen wurden erfüllt – andere nicht. Gerade die Marken- & Konzernhotellerie hat mit technischen Innovationen in Sachen Umsatzsteigerung und Kostensenkung Wettbewerbsvorteile erschlossen, die für Privathoteliers nicht so einfach zu realisieren sind. Während in bestimmten Bereichen wie Content-Erstellung, Gästekommunikation oder Preisgestaltung auch bei vielen Privathoteliers beeindruckende Fortschritte erzielt wurden, blieb auf anderen Feldern die erhoffte Wirkung aus. Viele Hoteliers fragen sich heute: Lohnt sich das wirklich für mein Haus? Der von der IT-Beratungsfirma Gartner eingeführte “Hype Cycle” bietet eine hilfreiche Perspektive auf diese Entwicklung: Bei der Einführung innovativer Technologien folgt nach dem Höhepunkt überzogener Erwartungen (Hype) meist die Phase der Ernüchterung. Und genau hier sind viele Hotels im Jahr 2025 angekommen.

Realismus statt Visionen: Wann sich KI für Hotels wirklich lohnt
Es ist wichtig, die Potenziale von KI nicht kleinzureden. Aber ebenso entscheidend ist ein realistischer Blick auf Voraussetzungen und Nutzen. Denn: Künstliche Intelligenz entfaltet ihren strategischen Mehrwert vor allem dann, wenn bestimmte Rahmenbedingungen erfüllt sind – und dazu gehört nicht zuletzt die Betriebsgröße.
Größere Betriebe (insbesondere Marken- & Konzernhotellerie) verfügen über umfangreichere Datenmengen, personelle Ressourcen zur Implementierung und mehr operative Komplexität – all das sind Voraussetzungen, um KI nicht nur als Gimmick, sondern als strategisches Instrument zu nutzen. Kleinere, privat geführte Hotels haben selten die notwendigen Grundlagen oder Kapazitäten, um den Skalierungsspielraum der KI-Investition so wirtschaftlich zu betreiben, wie größere Betriebe (bzw. Marken- & Konzernhotellerie). Dort, wo diese Voraussetzungen fehlen, wirkt KI oft überdimensioniert. Das bedeutet nicht, dass diese Häuser außen vor bleiben müssen. Aber sie sollten gezielter, pragmatischer und vor allem mit realistischen Erwartungen an die Sache herangehen.

Es ist ein Irrtum, dass KI nichts für kleine Hotels sei
Zwar ist es richtig, dass bestimmte KI-Tools – etwa im Bereich dynamisches Pricing, komplexe Datenanalysen oder vollautomatisierte Prozesse – erst ab etwa 50 bis 100 Zimmern ihre Skaleneffekte entfalten. Doch das bedeutet nicht, dass kleinere Betriebe außen vor bleiben müssen. Im Gegenteil: Gerade in kleinen Häusern lassen sich durch gezielte, niedrigschwellige Anwendungen bereits heute spürbare Entlastungen und Effizienzgewinne erzielen. Voraussetzung ist nicht Größe, sondern Klarheit: Was soll verbessert werden – und welches Tool passt zur eigenen Betriebslogik?

Zukunft der KI-Assistenz – Beispiel Chatbots
Schon seit einigen Jahren setzen viele Hotels auf Chatbots, um die digitale Gästekommunikation effizienter zu gestalten – oft in Form von dialogorientierten Systemen, die mehr bieten als eine klassische FAQ-Liste.
Mit dem Durchbruch der sogenannten „großen Sprachmodelle“ (Large Language Models, kurz LLMs), wie sie etwa in ChatGPT zum Einsatz kommen, hat diese Technologie einen gewaltigen Entwicklungssprung gemacht. Solche Systeme können heute nicht nur Gästeanfragen bearbeiten, sondern auch intern als virtuelle Assistenten genutzt werden – rund um die Uhr, zuverlässig und geduldig.

Hotels, auch kleinere Betriebe, profitieren bereits jetzt davon: Die KI erstellt in Sekunden Textvorschläge für Werbematerialien, Social-Media-Beiträge oder mehrsprachige Gästeinformationen. Dabei gilt jedoch wie bei jeder Assistenz: Das Ergebnis ist nur so gut wie die Aufgabenstellung. Wer klare, präzise Anweisungen formuliert, erhält deutlich bessere Resultate – ganz wie bei einem menschlichen Assistenten, der Kontext und Zielvorgaben braucht. Momentan sehen wir rasante Fortschritte in Richtung der sogenannten Agentischen KI (Agentic AI), die auch autonom komplette „Projekte“ abarbeitet. So ein KI-Agent recherchiert und liefert einen komplexen Report oder programmiert eine App nach Vorgaben. Angesichts dieser Entwicklung können wir grob diese Stufen für den Hotelkontext skizzieren:
- Chatbot 1.0 – gestern: Einfache Dialoge reproduzieren FAQ für die Gästeinformation
- Chatbot 2.0 – heute:
- Das gesamte Wissen über Angebote im Hotel wird in eine LLM-KI überführt und steht dem Gast immer aktuell zur Verfügung.
- Mitarbeiter können die Generative KI nutzen, um mehr qualitative Texte in kürzerer Zeit zu produzieren (Social Media, E-Mails)
- Chatbot 3.0 – morgen (in Entwicklung):
- Geht über Chatbot 2.0 hinaus mit autonomer Bearbeitung komplexer Aufgaben wie Projektmanagement, Strategieentwicklung, Rechtsberatung.

Systematik bringt Durchblick in der Vielfalt der Angebote
Im Folgenden eine Übersicht der Top-5 Anwendungsfelder für KI-Lösungen, die auch kleine Hotels nach und nach aufbauen können – auch bei geringer Technikkompetenz und bei überschaubarem Zeiteinsatz. Es ist zu empfehlen, die jeweils spezifischen Herausforderungen und Anwendungsfelder im Blick zu haben und dann sehr gezielt die geeigneten KI-Werkzeuge zu evaluieren.

Diese Anwendungen kosten wenig, benötigen keine IT-Abteilung und liefern schnell einen spürbaren Nutzen. Entscheidend ist, dass sie als Einstieg verstanden werden – nicht als Allheilmittel. Wenn der Aufbau schrittweise erfolgt, dann ist die neue Komplexität und die Lernkurve zu bewältigen. Für die grundlegenden Fachbegriffe stellen wir hier ein kleines Glossar bereit, zugeschnitten auf die „Flughöhe“ kleiner und mittlerer Hotels. Es wird nach und nach erweitert (vgl. PDF im Anhang).

Was nicht funktioniert: Die typischen Enttäuschungen
Mit jedem neuen technologischen Trend entstehen Erwartungen. Und nicht selten sind diese unrealistisch hoch. In Gesprächen mit Hoteliers werden uns immer wieder typische Enttäuschungen geschildert:
- „Wir sparen sofort Personal“ – Ein weitverbreiteter Irrtum. KI entlastet zwar punktuell, aber sie ersetzt keine gut geschulten Mitarbeitenden. Im Gegenteil: Sie braucht Wartung, Training, gelegentlich Nachjustierung – und immer menschliche Kontrolle.
- „Alles funktioniert automatisch“ – Viele Tools setzen voraus, dass Prozesse standardisiert sind und gute Daten vorliegen. Gerade in kleineren Hotels mit stark manuellen Abläufen ist das selten der Fall.
- „Die Tools sind selbsterklärend“ – Auch das ist nur bedingt richtig. Die meisten Systeme funktionieren dann gut, wenn sie jemand versteht, mit Daten füttert, Kontexte erkennt und Ergebnisse bewerten kann.
- „Unsere Gäste merken nichts“ – Tatsächlich sind Gäste sehr sensibel gegenüber schlechter Kommunikation. Unpersönliche Bot-Antworten oder unpassende Vorschläge können das Gästeerlebnis trüben – und damit dem Image schaden.
All diese Enttäuschungen zeigen: Der Einsatz von KI muss eingebettet, begleitet und evaluiert werden. Technik ist nie neutral – sie wirkt nur so gut, wie sie eingeführt und integriert wurde.

Neue Rollen für Mensch und Maschine
Eines der größten Missverständnisse rund um KI ist die Vorstellung, sie würde menschliche Arbeit einfach ersetzen. Tatsächlich verändert sie vor allem Rollen. Aufgaben, die standardisiert, repetitiv oder datenlastig sind, lassen sich gut durch KI erledigen. Alles, was Empathie, Situationsbewusstsein oder kreative Lösungen erfordert, bleibt Domäne des Menschen.
Fazit: Zwischen nüchternem Blick und digitalem Mut
Fortschritt mit Augenmaß: Der Reiz neuer Technologien liegt oft in ihrer Versprechung. Doch nachhaltiger Nutzen entsteht dort, wo Erwartungen, Ressourcen und Kontexte zusammenpassen. Künstliche Intelligenz bietet viele Chancen – aber sie ist kein Automatismus. Gerade in kleineren Hotels ist es essenziell, mit Augenmaß zu planen, in kleinen Schritten zu starten und die Wirkung realistisch einzuschätzen.
Wer KI als Werkzeug begreift – nicht als Wunderwaffe –, der wird belohnt: mit mehr Effizienz, mehr Klarheit und vielleicht sogar mit mehr Freude an der Arbeit.
Glossar Hotel-KI (PDF)
KI-Serie auf Hotel Inside (Teil 02): Hospitality Technologies und KI – menschliche Note von ihrer besten Seite. Der jüngste KI-Report der EHL. Nächste Woche auf Hotel Inside.
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