Management

Hotel-Franchising: Zwischen Markenmacht und Unternehmensfreiheit

Hotel-Franchising ist heute eines der dominierenden Geschäftsmodelle in der globalen Hotellerie. Marken wie Marriott, Hilton oder Accor expandieren rasant, ohne eigene Immobilien zu besitzen. Doch was bedeutet das für Investoren und Betreiber? Ein Insider-Blick auf Chancen, Risiken und Best Practices.

Ein Hotel-Franchise ist ein Geschäftsmodell, bei dem ein Eigentümer (Franchise-Nehmer) ein Hotel unter der Marke einer etablierten Kette (Franchise-Geber) betreibt. Im Gegensatz zu Management-Verträgen, bei denen die Marke selbst das Hotel führt, behält der Eigentümer die operative Kontrolle – von Budget über Mitarbeiter bis hin zum täglichen Betrieb. Im Gegenzug verpflichtet er sich, die Standards der Marke einzuhalten und Gebühren zu entrichten. Franchise-Verträge laufen meist 15 bis 30 Jahre – eine langfristige Bindung mit strategischer Tragweite.

Kosten und Gebühren

Die Gebührenstruktur umfasst eine Einstiegsgebühr, laufende Lizenzabgaben (2–6% vom Zimmerumsatz), Beiträge zu Marketing und Reservierungssystemen (1–4%) sowie Loyalty-Programmgebühren. Laut HVS summieren sich die Gesamtkosten auf 8–12% des Bruttoumsatzes. Hinzu kommen Investitionen in Mobiliar und Ausstattung sowie verpflichtende Renovierungen. Beispiel Marriott: Für ein Fairfield by Marriott liegen die Einstiegsinvestitionen zwischen 11,6 und 32,8 Mio. US-Dollar, die Lizenzgebühr beträgt 75.000 US-Dollar, die Laufzeit 20 Jahre.

Stärken: Markenmacht und Loyalitätsprogramme

Die grössten Pluspunkte sind globale Marken-Bekanntheit und mächtige Loyalitätsprogramme. Marriott Bonvoy und Hilton Honors zählen je über 200 Mio. Mitglieder. Direktbuchungen über diese Programme sichern höhere Margen, da Kommissionen an OTAs (12–25%) entfallen. Dazu kommen standardisierte Prozesse, technische Tools für Revenue Management und Schulungen – Faktoren, die insbesondere für Neueinsteiger den Betrieb erleichtern.

Risiken: Abhängigkeit und Reputationsgefahren

Die starke Marke ist Fluch und Segen zugleich. Skandale oder Reputationsverluste einer Kette schlagen direkt auf alle Franchise-Häuser durch. Zudem können hohe Gebühren die Profitabilität erodieren. Ein weiteres Risiko: Der vermeintlich «schlüsselfertige» Betrieb erfordert dennoch aktives Unternehmertum. Fehlende Abstimmung zwischen Franchise-Geber und -Nehmer kann zu Konflikten führen.

Franchise oder Unabhängigkeit?

Die Alternative: das unabhängige Hotel. Es bietet volle kreative Freiheit und eine unverwechselbare Identität, trägt jedoch höhere Risiken in der Vermarktung und Krisenanfälligkeit. Soft-Brands – etwa Marriott’s Autograph Collection oder Hiltons Tapestry – bilden einen Hybrid: Sie lassen mehr Individualität zu, sichern aber dennoch Zugang zu Reservierungssystemen und Loyalitätsprogrammen.

Die Big Player

  • Marriott: über 30 Marken, von Fairfield bis Ritz-Carlton. Stärken: globale Reichweite, 237 Mio. Bonvoy-Mitglieder. Schwäche: hohe Gebühren und starker Wettbewerb in Grossstädten.
  • Hilton: 24 Marken, von Hampton bis Waldorf Astoria. Fokus auf Technologie und effiziente Systeme. 215 Mio. Honors-Mitglieder.
  • Wyndham: grösster Franchisegeber nach Anzahl Hotels, Schwerpunkte in Economy- und Midscale-Segmenten, 110 Mio. Rewards-Mitglieder.
  • Choice Hotels: 22 Marken, klarer Fokus auf Economy/Midscale. Vorteil: einfache Standards, gute Einstiegsmöglichkeit.
  • Accor: über 40 Marken, stark in Europa und Asien. Vielfalt von Ibis bis Raffles, 100 Mio. ALL-Mitglieder.

Strategische Partnerschaft mit Augenmass

Hotel-Franchising ist kein Selbstläufer, sondern eine unternehmerische Partnerschaft auf Augenhöhe. Erfolg stellt sich ein, wenn Investoren und Betreiber die Gebühren nicht als Kosten, sondern als strategische Investition begreifen – in Markenwert, Infrastruktur und Kundenzugang. Wer die richtige Marke mit dem passenden Marktkontext verbindet und zugleich seine eigenen unternehmerischen Ziele nicht aus den Augen verliert, kann im Franchising-Modell nachhaltig profitieren.

Quellen: EHL, Hotel Inside, Accor, Marriott

Marken passen Franchise-Modelle an Kostendruck an

Steigende Kosten und sinkende Margen bringen klassische Franchise-Verträge in der Hotellerie unter Druck. Marken wie Choice, Hyatt und Accor reagieren jetzt mit flexibleren Standards, Kostensenkungen und neuen Investitionsmodellen – mit dem Ziel, Betrieb und Rendite für Eigentümer zu verbessern.

Hohe Zinsen, steigende Betriebskosten und Fachkräftemangel setzen Hotelinvestoren unter Druck und zwingen Franchisegeber, flexibler und eigentümerorientierter zu agieren. Traditionelle Franchiseverträge werden hinterfragt, operative Abläufe gestrafft, Standards angepasst und neue Dienstleistungen angeboten, um Kosten zu senken und die Rentabilität zu sichern. Effizienz, Nachhaltigkeit und technologiegestützte Lösungen stehen dabei im Vordergrund, um den Gewinn zu steigern und gleichzeitig ein konsistentes Gästeerlebnis zu gewährleisten.

Darüber hinaus rücken finanzielle Flexibilität und partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Marken und Eigentümern in den Mittelpunkt. Maßnahmen wie Key Money, Gebührenentlastungen, flexible Renovierungszyklen oder Soft-Brand-Konversionen sollen Investoren Spielraum geben und die langfristige Rentabilität erhöhen. Marken betrachten Profitabilität zunehmend als gemeinsame Verantwortung, wobei klare Positionierung, aktive Unterstützung und strategische Zusammenarbeit entscheidend sind.

Übersicht: Franchise-Modelle und Gebühren

Kommentar zu Franchising in der Hotellerie: Chance oder Risiko?

Hotel-Franchising ist auf dem Vormarsch – doch nicht jedes Haus profitiert von diesem Modell. Zwischen globaler Markenmacht und lokaler Eigenständigkeit stellt sich die Frage: Für wen lohnt sich Franchising – und wer sollte besser darauf verzichten?

Für wen eignet sich Franchising?

Franchising ist vor allem für grössere Hotels oder Häuser mit klarer Standardisierung geeignet. Kettenhotels in Flughafennähe, Business-Parks oder stark frequentierten Tourismusorten profitieren von der globalen Sichtbarkeit, den Reservierungssystemen und den Loyalitätsprogrammen der grossen Marken. Auch Investoren ohne eigene operative Erfahrung greifen gerne auf Franchising zurück – der Markenname schafft Vertrauen.

Für wen eher nicht?

Kleinere, inhabergeführte Hotels, die sich über Individualität, Authentizität und regionale Verwurzelung positionieren, verlieren durch Franchising oft ihr Alleinstellungsmerkmal. Gerade im Boutique-Segment sind Eigenständigkeit und persönliche Handschrift entscheidend. Hier kann die Vereinheitlichung durch eine Marke sogar kontraproduktiv sein.

Fakt ist: Ein Franchise bringt enorme Reichweite, starke Markenbindung und Zugriff auf moderne Systeme für Revenue Management, Marketing und Distribution. Die Loyalitätsprogramme von Marriott, Hilton oder Accor sichern Direktbuchungen und reduzieren die Abhängigkeit von OTA-Provisionen. Zudem senken standardisierte Prozesse die Eintrittshürde für neue Betreiber.

Fakt ist auch: Franchising ist teuer. Gebühren zwischen 8 und 12 Prozent des Umsatzes sind üblich, hinzu kommen Investitionspflichten in Renovierungen und Ausstattung. Zudem ist man abhängig von der Reputation der Marke – ein Skandal auf globaler Ebene kann auch das eigene Haus belasten. Wer glaubt, ein Franchise sei ein Selbstläufer, irrt: Auch hier braucht es Unternehmergeist, starkes Management und klare Zielsetzungen.

Franchising für kleinere und mittlere Hotels?

Für kleine und mittlere Hotels kann Franchising eine Option sein – allerdings nur unter klaren Bedingungen. Soft-Brands wie Marriott’s Autograph Collection oder Hiltons Tapestry bieten Spielraum für Individualität bei gleichzeitigem Zugang zu Reservierungssystemen und Loyalitätsprogrammen. Doch für die meisten KMU-Hotels bleibt die Kostenstruktur eine Hürde. Wer ein starkes lokales Profil und Stammgäste hat, ist mit Eigenständigkeit oft besser beraten. Oder er entscheidet sich für eine White-Label-Lösung, zum Beispiel «Handwritten Collection» von Accor. Da behält das Hotel seine Identität und Unabhängigkeit, profitiert aber von Marketing- und Vertriebsangeboten der Marke.

Franchising ist kein Allheilmittel. Es eignet sich für Hotels, die von globaler Sichtbarkeit, Standards und Marketingkraft profitieren wollen – und die bereit sind, die Kosten und Abhängigkeiten zu tragen. Für individuelle, regional verwurzelte Häuser bleibt der eigene Weg oft der bessere. Letztlich ist Franchising ein strategisches Werkzeug – aber keines, das für alle gleich funktioniert.

Hans R. Amrein

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