Das Giardino in Ascona. Hotel-Legende Hans C. Leu (gest. 2017) hat es in den 80er Jahren eröffnet und geführt. Leu war einer der charismatischsten und ideenreichsten Hoteliers der Schweiz. Heute ist Wolfram Merkert der Gastgeber im Tessiner Ferienresort. Hotel Inside wollte wissen: Was hat sich im Albergo Giardino in den letzten Monaten getan? Wo steht das Haus heute?
Hotel Inside-Publizist sprach mit Wolfram Merkert über sein Leben als Hotelmanager im Tessin, Neuerungen im Giardino und die kommende Sommersaison 2023:

Was steckt hinter der Giardino-Gruppe?
Zur Giardino-Gruppe zählen insgesamt drei Häuser: Die Fünf-Sterne-Hotels Giardino Ascona und Giardino Mountain in St. Moritz und das Boutique-Hotel Giardino Lago in Minusio bei Locarno, das direkt am Lago Maggiore liegt. Für den Sommer in den Engadiner Bergen passt sich das Hotelkonzept in Champfèr als Bed & Breakfast ohne Sterne-Klassifizierung den Bedürfnissen der Sommergäste an. Ausserdem verfügen die zwei Häuser über ein dipiù Spa mit der eigenen Kosmetiklinie dipiù, welche 2016 um das Angebot Ayurveda by Giardino ergänzt wurde.

Wolfram Merkert: Der trompetende General Manager
Zwei Talente liessen schon früh erahnen, dass aus Wolfram Merkert einmal der ideale Hotelmanager werden würde. Kaum hatte er laufen gelernt, da begann er auch schon in der Wirtschaft seiner Eltern die Teller zu den Tischen zu tragen. Darüber hinaus lernte er das Trompetenspiel, trat als Erster Trompeter bald dem heimischen Orchester bei und entwickelte die Fähigkeit, einerseits den Ton anzugeben, andererseits im Team erfolgreich zu sein. Er kennt das Giardino wie auch die Stammgäste und weiss um die Vorlieben seiner Gäste. Wichtig ist dem gebürtigen Badener, den klassischen Servicegedanken zu pflegen und zugleich eine lässige und ungezwungene Atmosphäre zu schaffen. Und so kann es auch passieren, dass der zweifache Familienvater bei besonderen Anlässen zur Trompete greift. (Quelle: Giardino Newsletter, 2023)
Die Geschichte des Albergo Giardino

Am 31. Mai 1985 wurde der Grundstein des Hotels Giardino gelegt. Bauherr Fritz Kündig plante damals ein 4-Sterne-Hotel mit den Appartementhäusern «Casa Glicine» und «Casa Ginestra». Auch das «Casa Rosa» war als Appartementhaus geplant. Bereits während der Anfangsphase fand Fritz Kündig den besten Gastgeber, den er sich für sein neues Haus wünschen konnte: Hans C. Leu war zu der Zeit noch Direktor im Kulm Hotel in Arosa und führte dieses bereits seit 20 Jahren mit grossem Erfolg. Basierend auf seinen Ideen und seiner Erfahrung beschlossen die beiden, die Pläne zu ändern und aus dem Giardino ein 5 Sterne-Hotel im Stil eines mediterranen Landhauses zu bauen. Leu’s Vision: «Statt des üblichen Luxushotels wollte ich ein südliches Landhaus schaffen, das zum Verweilen einlädt und eine Atmosphäre bietet, als wäre man bei Freunden zu Gast.»
Am 31. Mai 1986, nach genau einem Jahr Bauzeit, wurde das Giardino feierlich eröffnet. Was nur Insider wissen: Hans C. Leu weilte damals noch in Arosa – und so wurde das Giardino von seinem Stellvertreter, Christian Lienhard (heute Hof Weissbad) eröffnet.Die Gestaltung des Gartens hatte Heiner Rodel übernommen und die Einrichtung stammte von Pippo Brun, einem Bühnenbildner aus Schaffhausen. Für das kulinarische Wohl waren damals in den beiden Hotelrestaurants Alois Brünner und Angelo Conti Rossini verantwortlich. Letzterer hatte sein Restaurant samt der zwei Michelin Sterne aus Brissago ins damalige Albergo Giardino verlegt.

Rosige Zeiten mit Hans C. Leu
1987 gründete Hans C. Leu mit den beiden Teilhabern Eugen B. Hangartner (Laax) und Albert B. Bass (Naters) die Giardino SA. Grund dafür war der finanzielle Engpass von Fritz Kündig, der einen Verkauf der Immobilie unabwendbar machte. 1988 unterzeichneten die drei Investoren den finalen Kaufvertrag. Leu führte danach das Haus mit seiner sympathischen Art zwölf erfolgreiche Jahre bis Ende 2000. Während dieser Zeit wurde er zum Hotelier des Jahres gewählt, konnte den Milestone für den Tourismus in Empfang nehmen und schaffte es auf die Titelseite der Zeitschrift Bilanz. Als 1998 zum ersten Mal der Titel Hotel des Jahres von Gault & Millau vergeben wurde, war die Jury sich einig: das Hotel Giardino hatte ihn verdient. Auch kulinarisch war und ist das Giardino ausgezeichnet. Wie zu seiner Anfangszeit unter der Leitung von Angelo Conti Rossini ist das hoteleigene Gourmetrestaurant auch heute wieder mit 2 Michelin Sternen ausgezeichnet. Der erste Küchenchef des damals noch unter den Namen Ristorante Giardino geführte Gastrobetriebs war drei Jahre nach der Eröffnung nach Brissago zurückgekehrt und leitete dort bis zu seinem Tod 1993 erfolgreich eine Kochschule. Seine Position im Giardino übernahm damals sein Sous Chef Bruno Keist, der es weitere zwei Jahre mit einem Michelin-Stern weiterführte. Aufgrund des Erfolgs der Küche von Armin Röttele, der als Küchenchef im zweiten Restaurant des Hotels, dem Ristorante Aphrodite, tätig war, beschloss man, aus dem Ristorante Giardino eine Osteria zu machen, die eine Zeit lang auch Osteria Amici hiess. Dies wurde bis ins Jahr 2006 beibehalten.
Daniela und Philippe Frutiger ins Tessin kehren zurück

Im Oktober 2000 ernannte Hans C. Leu seinen ehemaligen Vize-Direktor und Mitarbeiter Franz Reicholf zu seinem Nachfolger. Dieser führte das Giardino mit einem nunmehr veränderten Verwaltungsrat bis zum Jahr 2006. Das Hotel wurde im Oktober 2000 nach langen Regenwochen vom See überschwemmt und hatte schwere Schäden davongetragen. Unter der Leitung von Architekt Carlo Rampazzi, der auch für das Design der Tschuggen-Gruppe verantwortlich war, wurden die Zimmer, Restaurants, die Bar und Rezeption vollkommen in seinem Stile renoviert. Im Anschluss an die Bauarbeiten entstand 2002 nach den Plänen von Carlo und seinem Bruder Aldo Rampazzi auf dem ehemaligen Tennisplatz der heutige Spa-Tempel. 2001 wurde von der Firma Hallwachs der ehemalige Spa „Vanity Club“ zu einer mediterranen Saunalandschaft umgebaut.
2006 übergaben die damaligen Mehrheitsaktionäre die operative und strategische Führung des Hotels an das Ehepaar Daniela und Philippe Frutiger, die beide einen grossen Teil ihres Karrierewegs im Giardino zurückgelegt hatten. Daniela Frutiger arbeitete von 1992 bis 2000 als Spa-Verantwortliche für die Firma Vanity Club im Hotel Giardino; Philippe Frutiger, damals an der Hotelfachschule Thun, absolvierte 1994 sein Praktikum als Service-Mitarbeiter im Haus. 1995 verliessen beide kurzfristig das Giardino, um sich weiterzubilden. Daniela Frutiger machte eine Marketing-Ausbildung in Zürich, Philippe Frutiger schloss die Hotelfachschule ab. Unabhängig voneinander wurden beide 1996 wieder nach Ascona zurückgerufen und entdeckten in der täglichen Zusammenarbeit im Hotel ihre Liebe zueinander. Daniela hatte damals wieder die Führung des Spas übernommen, Philippe arbeitete als F&B Assistent. In dieser Position trat er bereits 1997 in das Führungsteam unter Hans C. Leu ein. Ein Jahr später, 1998, heiratete das Paar in Ascona. Vom Jahr 2001 bis ins Jahr 2006 waren Daniela und Philippe für den Umbau sowie die erfolgreiche Führung des Lenkerhof Alpine Resort in Lenk verantwortlich. Unter ihrer Führung erhielt das Unternehmen zahlreiche nationale wie internationale Auszeichnungen.
Die Übernahme des Giardino Ascona und Gründung der Giardino Group AG
Mit der Übernahme durch die beiden startete das Hotel Giardino 2006 in eine neue Ära. Für die neue Positionierung wurden CD/CI (Cooperate Design and Cooperate Identity) der Kommunikation, Konzepte und Architektur vollkommen neugestaltet. Damit einhergehend wurde im Winter 2006 / 2007 die ehemalige Osteria Giardino zum modernen, im urbanen Stil gehaltenen Gourmetrestaurant ECCO umgebaut. Bereits fünf Monate nach der Wiedereröffnung konnte der neue Küchenchef, Rolf Fliegauf, seinen ersten Michelin-Stern in Empfang nehmen. Im November 2010 dann bereits den 2. Stern. Zu dieser Zeit übernahm Daniel Borer (Erbe aus der Rolex-Uhren-Dynastie) die Aktienmehrheit und wurde Besitzer des Hotels. Gemeinsam mit Daniel Borer, dem langjährigen Treuhänder Stefan Schmidt gründeten Daniela und Philippe Frutiger 2008 die Giardino Group AG mit dem Ziel, weitere Hotels zu kaufen oder als Betreiber-Gesellschaft zu übernehmen. Daraus entstand der Kauf der Hotel Giardino Mountain und Giardino Lago.rdino Ascona und Gründung der Giardino Group AG

Ständige Anpassungen und Investitionen…
Im Rahmen der Umstrukturierung wurden außerdem die Rezeption, die Bar und der Wintergarten umgebaut. Ebenso wurde das Konzept des Spas, dem „Giardino di Bellezza“, neu ausgerichtet und durch Optimierungen in den Behandlungskabinen, im Empfangsbereich sowie in der Saunawelt zu einer Wohlfühloase umgestaltet. Die grösste Veränderung passierte jedoch im Herzen des Hotels. Der Garten wurde aus seinem Dornröschenschlaf geweckt und die alten ursprünglichen Strukturen wurden wieder freigelegt. Ebenso wurde mehr Platz für die jungen Gäste geschaffen. Im Winter 2007 / 2008 folgten dann Renovierungen im Ristorante Aphrodite und der Spa Lounge. 2009 bekamen sämtliche Zimmer, Suiten und Junior Suiten ein neues mediterranes, helles und freundliches Design. Verantwortlich dafür war der Architekt Rolf Balmer. Im Jahr 2018 wurden die Küchen erneuert sowie das Restaurant Ecco von seinem alten Standort neben das Restaurant Hide & Seek (vormals Aphrodite) an den Seerosenteich verschoben. Im Jahr 2021 wurde die Bar sowie der gesamte Poolbereich vom international bekannten Architekten Daniel Pouzet neugestaltet.
Gründung der Giardino Services
„Mit Hauptsitz am Standort Zürich agieren wir nicht nur als Berater, sondern setzen unser Können und Wissen tagtäglich für die Giardino Hotels und den dazugehörigen Restaurant- und Spa-Marken unter Beweis“, so Philippe Frutiger. „Als Hotellerie-Experten sind wir mit den Giardino Services, gegründet im April 2021, in der Lage, unsere Erfahrungen in anderen Unternehmen mit unseren Dienstleistungen einzubringen. Wir begleiten die Kunden dabei professionell und individuell und helfen dabei die richtigen Schwerpunkte in den Bereichen Revenue, Finanzen, Strategie, Marketing und Grafik zu setzen und diese auf Ihrem Weg zum Erfolg voranzutreiben.“
Hotel-Legende Hans C. Leu
Der gebürtige Zürcher galt über Jahrzehnte hinweg als einer der charismatischsten und ideenreichsten Hoteliers der Schweiz. Hans C. Leu verstarb im Januar 2017 und wurde 86 Jahre alt.
Leu galt über Jahrzehnte hinweg als einer der kreativsten Schweizer Hoteliers. Der gebürtige Zürcher machte sich vor allem einen Namen als Gastgeber und Direktor des Giardino in Ascona. Leu leitete das Haus von 1986 bis zum Jahr 2000. Leu habe den Augenblick geliebt und ihn mit Lebensfreude und Neugier gefüllt, heisst es in einer Todesanzeige in der «Neuen Zürcher Zeitung».
Art Furrer: «Leu war mein Vorbild»
Eine jahrzehntelange Freundschaft verband Leu mit dem Oberwalliser Hotelier, Bergführer und Skilehrer Art Furrer. «Leu war mein Vorbild. Er war ein ähnlicher Paradiesvogel wie ich», sagte Furrer. Hans Leu habe sich immer auf den Kunden konzentriert und sei kreativ und sehr präsent gewesen. Seine Gastfreundschaft sei beispielhaft. Selber kein Top-Manager, habe er gute Leute um sich geschart. «Weder mit Essen noch Trinken hat er überbordet, nur seine Fröhlichkeit war überbordend», sagte Furrer.
Liebe zur Luxushotellerie
Der 1930 geborene Sohn eines Postbeamten absolvierte nach der Matura die Hotelfachschule in Lausanne (EHL). Sein Interesse galt früh der Luxushotellerie, davon zeugen berufliche Stationen wie der Schweizerhof in Bern, das Hotel Reber in Locarno oder das Grandhotel Dolder in Zürich.
Von 1958 bis 1966 übernahm er die Direktion im Kulm Hotel in Arosa, wo er sich bereits in jungen Jahren als charismatischer und ideenreicher Gastgeber profilierte. Das alte Fünfstern-Hotel führte er dabei nach dem Motto «Plausch statt Plüsch», wie er im Rückblick in einem Interview erzählte.
Er habe in seinem Leben als Hotelier viel Theater gespielt, bekannte er freimütig. Er sei in der Regel der Hauptdarsteller und die Mitarbeiter seien Akteure gewesen. Das C. im Namen legte sich der Selbstdarsteller denn auch zu, als ihm ein «Hans Leu» im Umgang mit amerikanischen Gästen etwas gar mager erschien. Auf Nachfragen hin sagte er auch, das C. stehe für «Cicerone» (Fremdenführer).
Giardino als Lebenswerk
1986, im Alter von 56 Jahren, übernahm Leu die Leitung des Albergo Giardino. Als seinen wichtigsten Erfolgsfaktor bezeichnete Leu das Eingehen auf den Gast. Er habe fast alle Aufgaben delegiert und sich fast hundertprozentig auf Gästekontakte und Public Relations konzentriert, betonte er immer wieder.
Im Ruhestand betätigte sich Leu unter anderem als Berater bei einem spektakulären Hotelprojekt des Zermatter Künstlers Heinz Julen. Mit 75 Jahren lernte er auch noch Golfspielen. Im Oktober 2000 wurde Leu für sein Lebenswerk mit dem wichtigsten Preis im Schweizer Tourismus, dem «Milestone», geehrt.