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Four Seasons-Manager Adrian Messerli: “Wir sind auf der Suche nach Kronjuwelen”

Der Schweizer Hotelier und EHL-Absolvent Adrian Messerli ist seit Herbst 2023 Präsident Hotel Operations für die Region EMEA (Europa, Mittlerer Osten, Afrika) bei Four Seasons. Messerli gilt als einer der erfolgreichsten Schweizer Hotelmanager im Ausland. Wie entwickeln sich die Luxusmarke Four Seasons und die Hospitality-Branche in der EMEA-Region?

Four Seasons Resort Dubai, Jumeirah Beach.

Adrian Messerli, Ihre Hotelgruppe will von heute 133 auf 180 Hotels und Resorts wachsen. In der Schweiz wird 2026 in Gstaad ein Four Seasons Hotel eröffnet (im heutigen Park-Hotel). In Genf sind Sie seit 20 Jahren präsent. Sind weitere Eröffnungen in der DACH-Region geplant?

Wenn wir in Europa ein Hotel übernehmen, dann sind das oft Institutionen oder historische Gebäude. Es muss ein Kronjuwel sein. Einst waren alle diese Häuser Familienbetriebe: Das George V in Paris, Grand Hotel Cap Ferrat, das Ritz in Madrid zum Beispiel. Das Hotel des Bergues in Genf haben wir 2005 übernommen. Oft kommen wir ins Spiel, wenn es keine Erben gibt, die übernehmen wollen. 

Da sind Sie aber nicht die einzigen Hotelbetreiber im Luxussegment, die scharf sind auf diese Kronjuwelen, wie Sie sagen. Warum sollte Investor oder Hotelbesitzer Four Seasons den Zuschlag geben?

Four Seasons Hotel & Resorts ist keine Aktiengesellschaft und es gibt nicht irgendwelche Untergruppen und weitere Marken, sondern ausschließlich Four Seasons. Wir sind reiner Luxus – und uns gibt es seit 63 Jahren. Das Produkt und dessen Qualität stehen für unseren Namen. Aber wie erreicht man das? Nur durch entsprechende Mitarbeitende mit großem Feingefühl. Und um sie zu bekommen, braucht es eine starke Unternehmenskultur. Ein schönes Gebäude ist die Voraussetzung, aber was in ihm geschieht, das unterscheidet uns von anderen.

Four Seasons-Manager Adrian Messerli.

Starke Persönlichkeiten und höchst individueller Service sind auch ein Merkmal von erfolgreichen Familienhotels. Sie sind selbst in einem solchen Haus aufgewachsen. Warum haben Sie das Hotel Ihrer Familie nicht übernommen?

Ich habe fünf Geschwister und meine Eltern haben aufs falsche Pferd gesetzt (lacht). Unser Familienhotel war in Lenk im Berner Oberland, gebaut im Jahr 1870, als Ergänzung zu einem bäuerlichen Betrieb. Mein Vater war der Erste, der eine Hotelschule besucht hatte und baute es signifikant aus. Doch mein Traum war es schon seit Kindheit an, ein Grand Hotel zu leiten, aber meine Familie hatte natürlich andere Pläne, sie wollten, dass ich das Familienhotel in vierter Generation übernehme. Deshalb habe ich erst eine Ausbildung als Koch gemacht, aber wusste schon damals: Ich will nicht zurück. Danach ging ich zur Armee, dann war ich bei der Swissair als Steward tätig, dann in Lausanne an der Hotelfachschule und ab 2005 bei Four Seasons, zunächst in Chicago. Meine Eltern dachten stets, es sei eine Phase. Alle im Dorf waren überzeugt, dass ich es mache, doch schlussendlich mussten sie das Haus verkaufen.

Das klingt nach Druck in der Familie.

Ja, es war schwierig. Heute jedoch sind alle glücklich mit meiner Entscheidung, aber das brauchte Zeit.

Vor rund 20 Jahren, als sie zu Four Seasons kamen, erfuhr die Luxushotellerie gerade einen Globalisierungsschub.

Es war der Beginn des Luxustourismus außerhalb der klassischen Destinationen, beispielsweise mit der Expansion in den Mittleren Osten. Das war etwas völlig Neues. Heute steht der nächste Umbruch ins Haus: Viel Wohlstand wird von der Boomer-Generation auf jüngere Generationen vererbt und die reisen anders. Sie interessieren sich vor allem für außergewöhnliche Erfahrungen und sie wollen neue Destinationen.

Welche?

Sansibar oder Oman zum Beispiel.

So richtig geheim sind die jetzt nicht (mehr).

Aber es sind auch keine typischen Boomer-Reiseziele, sondern sie werden vornehmlich von den Millennials entdeckt. Nachhaltigkeit ist ein weiteres Thema, sie möchten sich mit einem Unternehmen auch auf dieser Ebene identifizieren. 

Four Seasons Hotel & Resort Madrid.

Luxus definiert sich heute auch darüber, wer die letzten Geheimtipps zuerst entdeckt. Seit Covid gibt es auch einen Run auf möglichst abgelegene Destinationen.

Unsere Häuser, selbst an bekannten Destinationen, verfolgen kein 08.15-Schema. Unsere Concierges haben die Geheimtipps und wir kreieren sie auch. Set-Jetting ist ein weiterer Trend. Die Leute sehen etwas in einem Film oder in einer Serie und wollen hin. Nachhaltigkeit ist den Millennials wichtig. In unserem Resort Desroches auf den Seychellen beispielsweise stammt 85 Prozent der Energie aus Solarzellen und unsere Farm dort liefert 3,5 Tonnen Obst und Gemüse pro Monat.

Sie wollen bis 2033 rund 180 Hotels weltweit betreiben: Warum setzen Sie gerade jetzt auf ein derart starkes Wachstum? Und wer sind die Gäste der Zukunft?

Würden wir von der existierenden Klientschaft ausgehen und einfach 60 Hotels dazu bauen, dann ginge es vermutlich nicht auf. Wir schauen uns genau an, was jedes Hotel für eine Geschichte erzählen soll und wen wir damit erreichen wollen. Bis 2026 eröffnen wir unter anderem in Venedig, Mykonos, am Roten Meer und in Jeddah. Manche sind kleinere Hotels – je nach Standort.

Es ist trotzdem ein Phänomen, wie weltweit immer mehr Luxushotels öffnen und gleichzeitig die Preise immer weiter durch die Decke gehen. Läuft man da nicht Gefahr – wie zuletzt in der Modebranche – sich zu sehr aufzublasen und dabei Abstriche bei der Exklusivität zu machen?

Niemand hat die Kristallkugel. Und auch, wenn 180 Hotels viel klingen, wir könnten theoretisch noch viel mehr wachsen und werden es vermutlich auch. Von daher habe ich nicht das Gefühl, dass wir überstrapazieren. Mehr Wachstum bedeutet auch mehr Wettbewerb. Und ich bin zuversichtlich, dass wir diese Entwicklung anführen werden. Madrid ist ein gutes Beispiel, wo wir den Reisetrend vorweggenommen haben, als wir dort 2020 ein Haus eröffnet haben.

Four Seasons Hotel des Bergues Geneva.

Ein großes Risiko für die Reisebranche sind geopolitische Entwicklungen. Reiseströme werden davon dirigiert, aktuell zum Beispiel bricht der Markt von Europa in die USA ein. 

Das ist ein valider Punkt. Aber in 60 Jahren Firmengeschichte passieren solche Dinge immer wieder.

Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, Finanzkrisen, Handelskriege wegen Zollabgaben…

Es fühlt sich instabiler an und wir haben das alles stets im Auge, aber auch unsere Resilienz stets unter Beweis gestellt. Wer weiß, vielleicht werden wir in Zukunft mehr regionales Reiseverhalten sehen: sowohl in Amerika als auch in Europa.

In Deutschland ist derzeit nicht viel Dynamik im Spiel. Four Seasons in Berlin hat schon lange zugemacht. Gibt es eine Chance auf Rückkehr in den deutschen Markt?

Wir schauen uns gerade aktiv um, mehr kann ich dazu im Moment nicht sagen. Genauso in Skandinavien.

Sehr diplomatisch. Lernt man das, wenn man so oft umzieht wie ein Diplomat? Wird man rastlos? 

Lustigerweise freunden sich Hoteliers oft mit Diplomaten an, fern der Heimat. Und ja, alle zwei, drei Jahren hat man das Gefühl: Okay, es ist Zeit. Aber was ich heute den Leuten, die in Hotels arbeite, immer auf den Weg gebe: Leute, taucht tief in die jeweilige Kultur ein. Heute bin ich persönlich nicht mehr so rastlos. Ich sehne mich manchmal, danach eine Woche an einem Ort zu sein.

Sind Sie tief in die Kultur der Arabischen Emirate eingetaucht?

Nein, das kann niemand. Auch weil es ein Schmelztiegel der Kulturen ist: 80 Prozent der Leute dort kommen nicht aus Dubai.

Wird Saudi-Arabien das nächste Dubai der Luxushotellerie?

Wir haben uns der Vision 2030 angeschlossen. Saudi-Arabien hat viel zu bieten in puncto Natur. Wir sehen großes Potenzial und auch hier: Wir haben die Kronjuwelen. Am Roten Meer, in Medina, Ryad oder Jeddah, um nur einige zu nennen.

Fours Seasons George V Paris.

Sie sind bei Four Seasons für die Region EMEA verantwortlich. Was ist das Besondere dieser Region?

EMEA ist eine so unglaublich vielfältige Region. Ich glaube, dass meine Erfahrungen in Kairo, Sharm El Sheikh, auf den Seychellen, in Lissabon und Madrid, zusammen mit der Arbeit auf der ganzen Welt, es mir ermöglicht haben, das Four Seasons-Team zu unterstützen und voranzubringen. In einer solchen Führungsposition habe ich die Möglichkeit, mit Spezialisten zusammenzuarbeiten, die auf einem völlig anderen Niveau arbeiten. Meine Aufgabe ist es also, alle zusammenzubringenund dafür zu sorgen, dass das Wort auf der Straße das wahre Talent unseres Teams widerspiegelt. Mit über 60 Jahren Erfahrung und einer Servicekultur, die auf Empathie beruht, bietet Four Seasons einen Luxusstandard, der sich durch Menschlichkeit, Großzügigkeit und Emotionen auszeichnet.

Was ist denn Ihrer Meinung nach die wichtigste Triebfeder des Gastgewerbes?

Das Gastgewerbe ist im Allgemeinen als Dienstleistungsbranche bekannt. Für Four Seasons ist die Hotellerie jedoch eine Branche, in der es um Menschen geht. Four Seasons ist also eine Marke, die von unseren Mitarbeitern getragen wird.

Im August 2022 haben wir eine neue kreative Plattform eingeführt: Based on a True Stay. Sie stellt eine authentische Weiterentwicklung der Marke dar. Mit dieser kreativen Plattform lehnen wir uns an unser Marken-Ethos an und kommunizieren es auf eine verstärkte und überraschende Weise. Bei Four Seasons ist es unsere Philosophie, dass der Gast im Mittelpunkt aller Entscheidungen stehen sollte.

Es ist wichtig festzustellen, dass sich wahrer Luxus deutlich verändert hat; es geht nicht um spießigen, unpersönlichen Service und übertriebene Opulenz, sondern um eine unverblümte Konzentration darauf, wie Menschen behandelt werden wollen. Außerdem geht es um die einfache Eleganz radikaler Empathie. Vor allem sehnen sich die Kunden nach Verbindungen zu Unternehmen, deren Geschäft authentisch in ihrem Markenzweck verwurzelt ist.

Four Seasons Hotel Riyadh, Saudi Arabien.

Der Luxuskunde verändert sich. Unsere Gästedemografie verschiebt sich hin zu jüngeren, vielfältigeren Gästen, die sich für soziale und ökologische Themen engagieren. Daher erwarten sie, dass Marken diese Werte widerspiegeln. Außerdem wünschen sie sich eine bequeme und personalisierte Reise über alle Berührungspunkte mit der Marke hinweg.

Die Kunden erwarten ein nahtloses High-Tech-/High-Touch-Erlebnis während ihrer Reise. Darüber hinaus sind ihre Erwartungen an die Technologie höher denn je. Sie bevorzugen digitale Interaktionen während ihrer gesamten Reise. Sie wollen einen nahtlosen Wechsel von Offline- zu Online-Kanälen, und dies alles mit einer persönlichen Note.

Für Four Seasons sind die App und der Chat seit ihrer Einführung beliebte Plattformen. Unser Chat-Angebot ist das einzige, das nicht auf den Einsatz eines Chatbots zurückgreift. Künftige KI-Innovationen können die Dienstleistungen verbessern, aber Four Seasons betont, dass sein Chat im Gegensatz zu anderen weiterhin von echten Menschen betrieben wird, um eine persönliche Interaktion zu gewährleisten.

Fours Seasons George V Paris.

Wie steht die Branche in der Region Europa, Mittlerer Osten und Afrika im Vergleich zu anderen Märkten da?

Es ist wichtig zu erwähnen, dass 2023 ein sehr starkes Jahr für die Region EMEA war. Nach 2022 haben wir weiterhin eine hohe Nachfrage nach unseren Immobilien in der Region verzeichnet.

Mit der allmählichen Lockerung der Reisebeschränkungen ist Asien seit 2023 für viele wieder leichter zugänglich geworden. Die Vielfalt der Reiseziele in der EMEA-Region hat jedoch dafür gesorgt, dass sie weiterhin für viele Menschen attraktiv ist.

Der Schwerpunkt des Geschäfts liegt nach wie vor auf dem Freizeitbereich. Der Beitrag der Gruppen- und Unternehmenssegmente innerhalb von Four Seasons wächst jedoch.

Der allgemeine Trend ist, dass sich die Vorlaufzeiten für Buchungen in der gesamten Region verlängern.

Four Seasons Hotel Doha, Katar.

Welches sind  denn die wichtigsten Märkte für Four Seasons im Nahen Osten und wie werden Sie das Wachstum der Marke unterstützen?

Der Nahe Osten ist ein unglaublich wichtiger Markt für Four Seasons. Mit 40 Häusern in der gesamten EMEA-Region haben wir eine hohe Markenbekanntheit erreicht. Darüber hinaus konnten wir auch eine hohe Markenpräferenz aufbauen. Unsere Gäste kommen zwar aus dem gesamten Nahen Osten, aber unsere wichtigsten Märkte sind derzeit Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Katar und Kuwait.

Reisende aus dem Nahen Osten sind für Four Seasons weltweit von entscheidender Bedeutung. Sie übernachten in verschiedenen Häusern außerhalb der Region, von Resorts am Indischen Ozean bis hin zu europäischen Palasthotels.

Was können Sie uns über einige der vielversprechendsten Ideen und Projekte erzählen, an denen Sie derzeit arbeiten?

In der EMEA-Region ist eine spannende Projektpipeline in Arbeit. 2024 wurden mehrere Häuser eröffnet. So zum Beispiel unser drittes Hotel in Rabbat, Marokko, und das Four Seasons Hotel & Private Residences Jeddah an der Corniche.

Zu den spannenden Projekten im Nahen Osten gehören Entwicklungen in Ägypten (Luxor, Cairo New Capital), Saudi-Arabien (Jeddah, Diriyah, NEOM’s Sindalah Island, Red Sea’s Shura Island) und Muscat, Oman.

Um weiterhin führend in unserer Branche zu sein, müssen wir immer weiter nach oben streben und die Art und Weise, wie wir unsere Marke präsentieren, innovativ gestalten. Wir werden weiterhin den Gast in den Mittelpunkt aller Entscheidungen stellen, was eine starke Unternehmenskultur erfordert. Folglich müssen wir unsere Mitarbeitenden dazu befähigen, ein hohes Maß an ungeschriebener, individueller Betreuung zu bieten. Mit unserer Fähigkeit, einfache Handlungen ohne Vorschrift durchzuführen, wollen wir eine einmalige Transaktion in eine lebenslange Verbindung verwandeln.

Wo verbringen Sie ihren nächsten Urlaub?

Wenn man mich fragen würde, wäre ich am liebsten zu Hause. Und zu Hause ist für mich, wo meine Familie lebt, also derzeit Madrid. Aber meine Kinder wollen reisen. Meine älteste Tochter wurde in Kairo geboren. Sie möchte das Land sehen, in dem sie geboren wurde. Das ist also mein nächster Urlaub. Ich freue mich auf das Ägyptische Museum mit den neuen Räumen, die Altstadt und die Märkte. Danach noch ein paar Tage in Sharm El Sheikh. Normalerweise gehen wir nicht in Four Seasons Hotels, um die Kinder nicht zu sehr zu verwöhnen. Wir halten es lieber simpel. Aber diesmal machen wir eine Ausnahme. Schließlich wurde meine Tochter fast im Hotel in Kairo geboren.

Quellen: Hospitality News, Middle East, Welt online, Mai 2025. Autorin: Heike Blümer, Hotel Inside.

Top-Hotelier Adrian Messerli.

Adrian Messerlis bisherige Karriere

Der gebürtige Schweizer (aus der Lenk im Berner Oberland) und Absolvent der EHL hatte Führungsaufgaben in folgenden Häusern und Resorts von Four Seasons: Madrid, Kairo, Lissabon, Uruguay, Bahamas, Chicago, Seychellen.

Seine Leidenschaft für Spas sowie der Erfolg des gefeierten Spas im Four Seasons Resort Seychelles brachte ihm einen Sitz in der Global Spa Task Force des Unternehmens ein.

An der Hotelfachschule in Lausanne (EHL) absolvierte er 2005 einen Bachelor of Science in international Hospitality. Und an der Cornell University (USA) machte er ein Diplom in Hotel Real Estate Investment & Asset Management. Bevor er allerdings sein Studium an der EHL begann, absolvierte er eine Kochlehre in Neuenburg.

Adrian Messerli ist immer noch ein aktives Mitglied der Chaîne des Rôtisseurs und ein großer Unterstützer und Gründungsmitglied einer Kochschule in Evora, Portugal, um kulinarische und Service-Talente für junge Erwachsene in Not zu fördern.

Messerli spricht fünf Sprachen: Englisch, Deutsch, Französisch, Spanisch und Portugiesisch. Er ist verheiratet und lebt mit seiner Frau Joana und seinen Töchtern Emilia in Madrid. Seine Eltern führten ein Hotel in der Lenk im Berner Oberland.

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