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Bildung

EHL-Studie: Warum emotionale Intelligenz in der Hotellerie so wichtig ist

Fähigkeiten wie Präsenz, Achtsamkeit und Verbundenheit, die bisher eher in spirituellen Kontexten kultiviert wurden, gewinnen in wissenschaftlichen, wirtschaftlichen, sozialen und pädagogischen Kontexten immer stärker an Bedeutung. „Affective Hospitality“ lehrt, wie wichtig es ist, eine emotionale Verbindung auf der Grundlage emotional intelligenter Verhaltensweisen zu schaffen, und zwar nicht nur als wichtiger Bestandteil der Ausbildung für Studierende der EHL Hotelfachschule Passugg, sondern auch als Lebenseinstellung.

Das überarbeitete EHL-Curriculum für die Höhere Fachschule (HF) mit der Ausbildung zum dipl. Hotelier oder zur dipl. Hoteliere ist im Januar 2022 an den Start gegangen. Es ist aufgrund des neuen Rahmenlehrplans für eidgenössisch anerkannte Schweizer Hotelfachschulen überarbeitet worden.

Im Rahmen der Anpassungen hat die EHL Hotelfachschule Passugg das Absolventenprofil des Bildungsgangs geschärft und vier Rollen definiert, in denen die Studierenden während drei Jahren ausgebildet werden:

  • Host
  • Communicator
  • Entrepreneur
  • Networker

Ein starkes Augenmerk liegt dabei in der Ausbildung überfachlicher Kompetenzen, welche die Persönlichkeit und Handlungsfähigkeit der Studierenden für ihren Werdegang stärken sollen. Dafür hat die EHL in Zusammenarbeit mit dem Center of Affective Sience der University of Geneva das Lernfeld «Affective Hospitality» entwickelt. Im Januar 2022 sind die ersten Studierenden der Höheren Fachschule in Passugg in den «neuen» Bildungsgang gestartet. Affective Hospitality ist jedoch weitaus mehr als ein neues Unterrichtsfach.

Mit emotionaler Intelligenz Resilienz und Handlungsfähigkeit stärken

Wir befinden uns in einer Zeit, in der die Stimmen der Wokeness-Bewegung immer lauter und fordernder werden. Gravierende Diskriminierung und damit verbundene Strukturfehler, sollen in diesem Zusammenhang auf jeden Fall durch Sensibilisierung und grobe Rahmenbedingungen angegangen werden.

In gewissen Kontexten entsteht jedoch der Eindruck, dass sich die «äussere» Welt für jedes Individuum mit seiner ganz eigenen Wahrnehmung und Empfindung anpassen sollte, egal ob es dabei um Rassismus, Geschlechterzugehörigkeit, persönliche Grenzüberschreitungen, kultureller Hintergrund oder Ernährungsvorlieben geht. Würden wir tatsächlich durch immer mehr Policy, Regelwerke und Verhaltensvorgaben versuchen, Kränkungen und Verletzungen von Menschen um jeden Preis zu vermeiden und alles und jeden zu berücksichtigen, könnten wir uns vermutlich in einigen Jahren kaum noch von der Stelle rühren.

Die vier Unterrichts-Module von Affective Hospitality zielen deshalb darauf ab, das Bewusstsein für Selbstverantwortung auszubilden und die Resilienz und eigene Handlungsfähigkeit zu stärken. Die Grundlagen dazu bilden zuerst das Verständnis über die Art und die Aufgaben von Emotionen (Emotionen verstehen) und das Training von Selbstwahrnehmung und Selbstregulierung (Emotionen regulieren).

Die Erkenntnis, dass jeder Mensch sich seine Emotionen selbst kreiert und nicht äussere Umstände an unserem Wohlbefinden oder Missbehagen «schuld» sind, muss erst einmal verdaut werden. Den Schluss, den man daraus ziehen muss, ist nämlich, dass wir für unser Erleben und damit für unsere Realität selbst verantwortlich sind. Auf dieser Basis werden in einem zweiten Schritt Empathie und Mitgefühl für sich selbst und andere geübt (Emotionen erkennen), sowie emotional intelligente Führung von Menschen ausgebildet (mit Emotionen umgehen). 

Vom Ego- zum Ökosystem: Es muss in die innere Entwicklung investiert werden

Zurzeit ist zu beobachten, wie Menschen, Gruppen, Schulen und Organisationen versuchen, sich vom Ego-System zu einem Ökosystem zu entwickeln. Das heisst, gemäss Otto Scharmer, Forscher am MIT, von einem faktischen, kontrollierenden und marktorientierten Verhalten, zu einem schöpferischen, co-kreativen und kollektiven Bewusstsein zu finden.

In diese Kerbe schlägt auch die noch junge Initiative der Inner Development Goals (IDG). Auf die Frage, weshalb es den Menschen weltweit nicht gelingt, die von der UN definierten 17 Nachhaltigkeitsziele konsequent anzugehen und zu erreichen, hat die IDG-Projektgruppe folgende Antwort formuliert: „Es gibt einen blinden Fleck in unseren Bemühungen, eine nachhaltige globale Gesellschaft zu schaffen: die Notwendigkeit, in die innere Entwicklung zu investieren, um eine nachhaltige und regenerative Zukunft aufzubauen.“

Die Initiative, welche von den Vereinigten Nationen unterstützt wird, hat 5 Kategorien mit 23 Fähigkeiten und Qualitäten ausgearbeitet, welche im Frühling 2022 während des ersten IDG Summits in Stockholm vorgestellt wurden.

Geht man die Fähigkeiten durch, ist schnell zu erkennen, dass emotionale Intelligenz uns weit über das zwischenmenschliche Miteinander hinaus helfen könnte. Erst das Erkennen, dass wir losgelöst von unserer Umgebung nicht lebensfähig sind (Menschen, Natur, Umwelt) und dass es keine Trennung zwischen unserer inneren und der äusseren Welt gibt, wird in uns den notwendigen Impuls zur Lösung der anstehenden Probleme auslösen. Diese persönliche Betroffenheit kann nur dann entstehen, wenn die Themen eine emotionale Relevanz und Bedeutung für uns gewinnen. Kompetenzen wie Präsenz, Selbstbewusstsein, Achtsamkeit, Verbundenheit, Wertschätzung, Vertrauen, Sinnstiftung, Demut usw. die bisher eher in spirituellen Kontexten propagiert wurden, bekommen eine wachsende Bedeutung in wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kontexten.

Die Kultur von Affective Hospitality: Die Bereitschaft, sich zu öffnen

Die Ausbildung von emotionaler Intelligenz für die Studierenden, ist deshalb nur ein Element von Affective Hospitality an der EHL im Campus Passugg. Auch das Umfeld, in dem Unterricht stattfindet, soll sich in die Richtung von emotional kompetentem Handeln entwickeln. 

Die Mitarbeitenden und Dozierenden der EHL im Campus Passugg wurden vor einem Jahr in das aufmerksame und empathische Zuhören eingeführt. Gemäss Otto Scharmer ist Zuhören die wichtigste und am meisten unterschätzte Führungsqualifikation und es ist viel Training und Selbstbeobachtung nötig, um echtes Zuhören, das nicht dauernd durch unsere eigenen Ideen und Gedanken belastet ist, zu praktizieren.

Für das Training des empathischen Zuhörens werden auf dem EHL Campus Passugg nach und nach Gefässe eingeführt, welche den offenen Austausch und das gegenseitige Verständnis zwischen Studierenden und Mitarbeitenden über die Arbeitsbereiche hinweg fördern und so das Entstehen von co-kreativen Ideen unter Beteiligung von verschiedenen Anspruchsgruppen ermöglichen. So wird z.B. der EHL Passugg Family Circle eingesetzt, um wichtige Fragen der Schule zu besprechen oder der Baobab-Tisch, eine Idee des EHL Campus Lausanne, soll die Hemmschwelle im Verpflegungsbereich heruntersetzen, sich mit unbekannten Menschen an den Tisch zu setzen und auszutauschen. 

An der EHL Passugg möchten wir konsequent leben, was wir lehren, doch es braucht Zeit und Geduld, Hierarchien abzubauen, Silos aufzubrechen und eine Vertrauenskultur zu ermöglichen, welche die Studierenden und Mitarbeitenden als mündige, selbstverantwortliche Menschen sieht und in der eine fruchtbare Zusammenarbeit, Ausprobieren und Handeln ohne erschwerende Prozesse möglich ist.

Affective Hospitality bedeutet die Bereitschaft sich zu öffnen, sich verletzlich und berührbar zu zeigen und die emotionale Komponente genauso wichtig zu nehmen wie die sach- und fachbezogenen Ebene. Diese affektive Haltung kann an jedem einzelnen Arbeits- und Studienplatz gelebt werden. Dazu braucht es Mut, sich über die eigene Komfortzone hinauszuwagen und sich in ein Feld der Unsicherheit zu begeben. Doch das Vertrauen, die Sicherheit und die Verbundenheit, die einer affektiven Kultur zugrunde liegen, werden es der EHL ermöglichen sich agil, zielführend und mit neuen Ideen weiterzuentwickeln.

Was ist «Emotionale Intelligenz»?

Emotionale Intelligenz bedeutet, die eigenen Gefühle und die Gefühle anderer Personen wahrzunehmen, sie zu verstehen, beeinflussen und nutzen zu können. Die Bezeichnung „emotionale Intelligenz“ wurde 1990 von John Mayer und Peter Salovey geprägt.

Was bedeutet es, emotional intelligent zu sein?

  • Selbstwahrnehmung: Eigene Gefühle bewusst wahrnehmen.
  • Selbstregulierung: Impulse aus eigenen Emotionen kontrollieren und lenken.
  • Empathie: Gefühle anderer Menschen wahrnehmen und verstehen.
  • Motivation: Bereitschaft, erforderliche Handlungen umzusetzen.

Emotional intelligente Menschen verstehen, dass ihnen Gefühle nicht von außen aufgezwungen werden und sie deshalb keinen Einfluss darauf haben. Die Erkenntnis, dass die Emotionen aus dem Inneren kommen und gesteuert werden können, bewahrt vor Resignation und „zorniger Passivität“.

Bei der Umfrage stellte sich heraus, dass intelligente Menschen in der Lage sind, ihre Impulsivität zu überwinden und sich zu beherrschen. Sie gehen sehr zielorientiert vor, planen alles ausgiebig und schauen sich intensiv nach Alternativen um. Wissenschaftler konnten auch diese Annahme bestätigen.

Quelle: Insights, EHL, März 2023

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