hotel inside tag

Newsletter

Werden auch Sie ein Insider!

Folgen Sie uns

Marketing

Booking & Co.: Ein Plädoyer für fairen Wettbewerb in der Hotellerie

Global agierende Online-Konzerne haben zunehmend Auswirkungen auf unsere Wirtschaft und unser Leben. Tech-Giganten wie Google, Amazon und Booking.com liefern Innovationen, die wir nicht missen wollen. Sie zerstören aber auch, zum Beispiel im Gastgewerbe, Strukturen durch unfairen Wettbewerb. Was können Hotels gegen die Marktmacht von Booking & Co. tun?

Die Corona-Pandemie hat den Tourismus und damit auch das Gastgewerbe in den letzten drei Jahren auf ein neues technologisches Level gehoben. Die Monopolstellung der Online-Plattformen wird im Post-Covid-Zeitalter weiter ausgebaut und insbesondere die kleinteilige Privathotellerie zahlt einen immer höheren Preis.

Als ich vor 25 Jahren Europa und die Welt bereiste, stieg ich bevorzugt in kleinen, familiengeführten Hotels ab. Schnell konnte ich dort persönliche Beziehungen zu meinen Gastgebern herstellen. Wir erfuhren gegenseitig voneinander und lernten uns zu schätzen. Das Geld wurde direkt von jenen verdient, die die Arbeit vor Ort erbracht haben. Diese Unternehmer hatten eine intrinsische Motivation. Sie waren unmittelbar mit ihrem Betrieb verbunden.

Etwa zehn Jahre später merkte ich, dass es immer schwieriger wird, diese Unterkünfte zu finden. Sie begannen mehr und mehr zu verschwinden. Das hatte vor allem zwei Gründe:

1. An die Stelle der kleinen Betriebe traten grosse Hotelanlagen und auf dem Reißbrett entwickelte Ferienparks – viele von global agierenden Anbietern. Touristen erlebte ich mehr und mehr als Konsumenten im Auftrag eines Renditegetriebenen Geschäftsmodells. Massentourismus hatte zunehmende Auswirkungen sowohl in attraktiven städtischen Destinationen als auch Naturlandschaften.

2. Etwa zur gleichen Zeit traten Online-Hotelbuchungsportale und weitere Handelsplattformen auf den Markt, die mit ihren technologischen Innovationen erhebliche Vorteile für die Konsumenten brachten. Portale wie HRS und Booking.com steigerten zunehmend u.a. Transparenz, Nutzerfreundlichkeit und Effizienz wie das auch Anbieter in anderen Branchen taten (z.B. Amazon im Einzelhandel). Fluch ist deren Marktmacht, Segen ist aber auch, dass durch die OTAs viele kleine Betriebe erst gefunden werden können.

OTA’s setzen den mittleren Hotels zu

Heute zeigen sich neben den Vorteilen dieser Innovationen auf unterschiedlichen Märkten immer mehr auch Schattenseiten. Einige wenige digitale Plattformen beherrschen den Markt des Verkaufs von touristischen Kapazitäten und verlangen mit 12 bis 25 Prozent schon heute relativ hohe Margen von den Hotelbetreibern für die Vermarktung. Zusammen mit dem steigenden Wettbewerb mit internationalen Hotelketten setzen sie den mittelständischen Anbietern enorm zu.

Das Prinzip der schöpferischen Zerstörung von Schumpeter hat sich zwar auch in diesem Bereich bewahrheitet und schafft durchaus Freiraum für Neues. Jedoch schöpfen gerade die globalen Digitalkonzerne mit hohen Kostenvorteilen Renditen vor Ort ab. Steuereinnahmen generieren die Regionen, von denen der Ertrag stammt, kaum. Auch global agierende Hotelketten von Accor über Hilton bis Marriott nutzen, wie andere international aufgestellte Unternehmensstrukturen, legale Steuervorteile – die Frage, wo die Wertschöpfung erzielt wird, ist mit mehreren Standorten besser interpretierbar als mit einem Betrieb. Der vor Ort arbeitende Hotelier hat auch Möglichkeiten der Steueroptimierung – die Möglichkeit der Verlagerung der Wertschöpfung aber ist die Regel nicht. Diese Dysfunktion des Marktes sollten Branchenverbände wie HotellerieSuisse oder GastroSuisse und insbesondere die Politik analysieren, neu bewerten und für den Wettbewerb förderliche Rahmenbedingungen schaffen.

Nur durch ausgewogene, ordnungspolitische Eingriffe und Stützungsmassnahmen auf nationaler und übergeordneter Ebene kann fairer Wettbewerb im Tourismussektor wiederhergestellt werden. 

Es geht um Fairness im touristischen Wettbewerb

Dabei geht es um weit mehr als den nostalgischen Versuch, eine dem vermeintlichen Untergang geweihte Wirtschaftsform retten zu wollen. Es geht um Fairness im touristischen Wettbewerb, die den kleineren Hotels wieder eine Wirtschaftlichkeit ermöglicht. Darüber hinaus geht es aber auch um die soziale und die ökologische Dimension. So hat der lokale Tourismus vor allem auch die soziale Funktion, Menschen zusammenzubringen und vor Ort in gegenseitigen Bezügen zusammenzuhalten. In Sachen Ethik und Moral sind die Kleinunternehmer den globalen Konzernen in der Regel haushoch überlegen – sie sollten auch deswegen als wesentliches Element sozialer Marktwirtschaft entsprechend würdige Unterstützung erhalten.

Wir haben den Bogen im Tourismus überspannt

Eine Welt, die ausschließlich auf Renditemaximierung und der Nutzung von Skaleneffekten basiert, zerstört neben unserer Umwelt und dem sozialen Austausch auch die individuelle Vielfalt vor Ort. Die Globalisierung hat vielen sehenswerten Orten ihre Ursprünglichkeit, Einzigartigkeit und Authentizität geraubt – ob Venedig, Barcelona oder Capri. Diese und andere Beispiele zeigen uns auf besonders drastische Weise, wie wir den Bogen gerade im Tourismus überspannt haben. Fairer Wettbewerb im Tourismus hat eben auch sehr viel mit unserem soziokulturellen Leben zu tun.

Booking, Expedia & Co. beherrschen den Markt

Der Verkauf von Hotelzimmern auf Plattformen stellt einen individuellen Markt dar, in dem die wenigen Marktakteure wie Booking.com, Expedia und HRS Hotelzimmer als elektronische Einheit unter weitgehender Transparenz veräußern. Insbesondere wurden auf dem elektronischen Marktplatz Vorteile durch die Elimination von räumlicher Distanz für die Kunden und auch die Leistungsverkäufer generiert.

Die Kosten der Vermarktung der Zimmereinheiten auf dem elektronischen Marktplatz wurden auf ein Minimum reduziert. Mittlerweile befinden sich die Buchungsportale für Hotelzimmer jedoch in einem oligopolistischen Markt, der nur von wenigen Playern beherrscht wird.

Während sich im Jahr 2013 die Booking Holding (Booking.com und Agoda) mit 41,8% Marktanteil noch mit der HRS (HRS, Hotel.de und Tiscover) mit 41,6% weitgehend auf gleichem Niveau befand, schrumpfte der Marktanteil von HRS bis 2019 auf 17,1% gegenüber dem neuen Quasimonopolisten mit 66,2%. Insbesondere kleinere Hoteliers können es sich immer weniger leisten, nicht bei Booking.com gelistet zu sein.

Gegenüber den kleinteiligen Hotelanbietern in Deutschland verschärfte sich auch durch die Entwicklung bei den Hotelplattformen der Wettbewerb erheblich. Die Preishoheit wurde durch vertragliche Vorgaben und Zugeständnisse der Hoteliers zunehmend von den Plattformen übernommen.

Hoteliers sind nicht mehr frei

Die enorme Abhängigkeit der Hoteliers von den Plattformen zeigten auch Zahlen einer aktuellen HOTREC-Studie in Deutschland. So fühlen sich die meisten der befragten Hoteliers (56%) unter Druck gesetzt, die Geschäftsbedingungen der Buchungsportale (z.B. in Bezug auf Stornierungsbedingungen und Sonderrabatte) zu akzeptieren, obwohl sie diese freiwillig nicht annehmen würden. Nahezu 60% der deutschen Hotels hatten schon Meinungsverschiedenheiten mit Online-Buchungsplattformen und nur eines von vier dieser Hotels (26%) fand bei Konflikten eine faire und wirksame Lösung mit den Portalen. In der Schweiz sieht es ähnlich aus. Hoteliers sollten die Freiheit haben, die Bedingungen für ihre eigenen Dienstleistungen selbst festlegen zu können und mit jedem Vertriebspartner fair über Vertragsbedingungen verhandeln zu können. Davon sind wir allerdings meilenweit entfernt!

Zwar konnten kartellrechtliche Eingriffe wie das Verbot zur Best-Price-Klausel den Hoteliers wieder etwas Souveränität zurückgeben, aber auch diese Maßnahmen reichen nicht aus, um der Entwicklung des Wettbewerbs Einhalt zu gebieten. Themen wir die unzureichende Besteuerung von globalen und digitalen Unternehmensstrukturen oder auch Datenschutzthemen wurden nicht ausreichend in Angriff genommen. Die Hotellerie ist zudem durch global agierende Hotelketten auch von der Angebotsseite her einem gerade für kleinere Hotelbetreiber ruinösen Wettbewerb ausgesetzt. 

Skalierung ist die Stärke der Plattformen…

Besonders wichtige Themenfelder, um sich gegenüber den Widrigkeiten der sich kontinuierlich ändernden Wettbewerbsbedingungen zu positionieren, bestehen neben Datenschutzthemen u.a. darin, eine vollständige Monopolisierung der Buchungsplattformen auch durch kartellrechtliche Eingriffe zu verhindern. Auch eine gerechte Besteuerung gerade der globalen und supranationalen Unternehmen auf Grundlage generierter Umsätze und Netznutzung ist vor allem im Tourismussektor von erheblicher Bedeutung für Fairness im Wettbewerb und für die Erhaltung des bodenständigen Gewerbes vor Ort. Gewährt man den Marktmechanismen ohne einem strategisch durchdachten Regelungsrahmen freien Lauf, so wird nicht nur der gesellschaftliche Wohlstand, sondern auch die Vielfalt unseres Lebens gefährdet.

Privathotels haben eine grössere Flexibilität als grosse Hotelketten und verfügen hinsichtlich der Themenfelder Qualität und Persönlichkeit der Gastgeber über Potentiale, die meist nicht ausgeschöpft sind. Gegenüber Buchungsplattformen können auch Anreize für Direktbuchungen eine gute Strategie darstellen, um den besonders für Privathoteliers schwierigen Entwicklungen etwas entgegenzusetzen.

zur Übersicht